Das Leben der anderen

Warum die CDU den §219 abschaffen muss


Am 21. Februar 2019 - man sollte sich dieses Datum merken, immerhin war dies der Tag, an dem man in der Gesetzgebung einen Schritt in die richtige Richtung, nämlich ins 21. Jahrhundert, wagte, was in der deutschen politischen Lage durchaus ein unbekanntes Phänomen ist - wurde in einem knapp ausgefallenem Beschluss die Reform des §219a bestimmt. Ärzte sollten von nun an die Möglichkeit haben, über Abtreibungen zu informieren; dass sie Abtreibungen vornehmen. Man nannte es im Volksmunde gemeinhin das «Werbeverbot». Ein ungewöhnlicher Ausdruck für das Metier der Medizin, welche eigentlich nicht profitorientiert ist, sondern einen sozialen Status genießt: Man ist besorgt um das Wohlergehen der Mitmenschen, und heilt Erkrankte und Verwundete. Zu behaupten, dass in dieser Branche geworben wird, wirkt dabei ein wenig deplatziert. Und doch wird genau so darüber gesprochen. Inwiefern das die Debatte darüber beeinflusste, und wieso die CDU eine besondere Verantwortung in dieser trägt, dazu gleich mehr. 
Es sollte zunächst einmal herausgestellt werden, worin eigentlich der Unterschied zwischen «werben» und «informieren» besteht: Wenn ein Unternehmen, beispielsweise ein Tabakkonzern, für sein Produkt, Zigaretten, wirbt, dann werden in der Regel glückliche - junge - Menschen auf großflächigen Plakaten herausgestellt, welche ihr Leben in vollen Zügen genießen und dabei ebenso vergnügt werden. Manche von ihnen halten Zigaretten in ihrer Hand, das ist aber nicht immer der Fall. Wichtig ist bei ihren Werbekampagnen vor allem die ausdrückliche Freude am Leben, die joie de vivre. Man hat genau ein Ziel: Man möchte ein Produkt größt- und weitestmöglich vermarkten. Darum möchte man auch möglichst positive Emotionen im (potentiellen) Kunden freisetzen, man möchte in ihnen eine Assoziation festsetzen: Dass sie das Rauchen selbst mit positiven Gefühlen verbinden, zumindest bis sie von der Nikotinsucht befallen sind, ab dann ist es im Grunde gleich, wie der Konsument dazu steht, am Ende braucht er die Zigaretten, um seine Sucht zu stillen. Ab dann sind sie allenfalls noch Patienten für die Ärzte. Ärzte aber würden nie für ihre Dienstleistungen in derartiger Weise werben. Sie informieren kühl und sachlich über ihre (angebotenen) Dienstleistungen. Das angeboten wurde bewusst in eine Klammer gesetzt, weil man Dienstleistungen des Medizinwesens nicht anbietet. Sie stehen auf Abruf zur Verfügung, nach vorheriger Absprache über einen Termin. Die Kunden wissen in der Regel über die verfügbaren Dienstleistungen, ansonsten können sie sich informieren. Die Berufsbeschreibung spricht aber an sich für sich; Dermatologen sind Hautärzte, und behandeln somit alle Krankheiten, die sich auf die Haut des Menschen beziehen; Veterinärmediziner bewegen sich auf dem Gebiet der Tiermedizin, und können somit Haustiere verarzten; und auch was Urologen behandeln, geht direkt aus ihrem Namen heraus. Geht es aber um die Durchführung von Abtreibungen, so geht das aus keiner Berufsbezeichnung direkt hervor, es wäre eine exklusive Informierung darüber notwendig. Genau das lässt der Paragraph 219 nicht zu. Dabei wird immer noch von einem «Werbeverbot» gesprochen. Dabei ist der Eisnatz dieses Begriffs grundlegend falsch, wie aus den beiden Beispielen eindeutig hervorgeht. Um es noch einmal kurz auszudrücken und zu verdeutlichen: Wer wirbt, versucht, offensiv sein Produkt anzuprangern, um die Verkäufe anzuregen, ja!, zu beschleunigen. Sinn und Zweck ist das Verkaufen, und nichts als das Verkaufen. Wer aber informiert, der möchte seine Kunden darüber informieren, dass eine bestimmte Dienstleistung oder ein bestimmtes Produkt zur Verfügung steht. Es soll die Freiheit des Kunden bewahrt werden, sich zu entscheiden, ob er dieses Produkt käuflich erwerben will oder nicht, dem Distributor, in diesem Fall der Arzt, ist es einerlei. Ein Arzt würde sich nicht hoffen, dass mehr Menschen sich ihre Beine oder Arme brechen, sie sich absichtlich bei ihren Mitmenschen mit allerhand Krankheiten anstecken; auch würde ein Arzt seine Klientel zu sich bitten, sie zu sich erzwingen. Sie kommen, wenn sie kommen müssen, und wenn sie ausbleiben, ist dem nun einmal so. Sie würden sich nie auf Plakaten oder Plakatwänden präsentieren und groß und breit ausschreiben, dass sie beispielsweise Darmspiegelungen durchführen. Dem ist nun einmal so. Dem wäre auch nicht so, wenn man den Paragraphen 219 gänzlich aus den Büchern streiche; man würde nur bei Ärzten, die Abtreibungen durchführen, eine Anmerkung unter den zur Verfügung stehenden Behandlungen finden, «Abtreibungen». Das war's. Um nicht mehr geht es bei der Debatte um den Paragraphen, nicht mehr und nicht weniger. 


Man muss hierbei aber noch der Vollständigkeit halber erwähnen, dass Abtreibungen in Deutschland nicht illegal sind. Sie sind lediglich straffrei. Klingt verwirrend, doch wenn man sich ein wenig über die Rechtslage informiert, klärt sich der Nebel des Unverständnisses, und man weiß, wie genau diese Aussage zu verstehen ist. Als Deutscher ist man eine gewisse Erbsenzählerei in der Bürokratie und in der Rechtssprechung gewöhnt. Folgende Gründe erlauben eine Abtreibung bei Frauen: 
  • Ist die Gesundheit der Frau durch die Schwangerschaft gefährdet, dürfen Frauen ihren ungeborenen Embryo abtreiben. 
  • Wurde die betroffene Frau ohne ihre ausdrückliche Einwilligung durch einen Mann geschwängert, beispielsweise infolge einer Vergewaltigung oder einer anderweitigen Straftat, so ist eine Abtreibung ebenfalls strafrechtlich unbedenklich. 
Man kann also sagen, dass Abtreibungen in Deutschland ausschließlich durchgeführt werden dürfen, wenn das Leben der Frau durch den Embryo gefährdet wird, oder aber sie ihn austrägt, obwohl sie ihn nicht austragen möchte und ihn nur erhielt, weil man sie ohne ihre Einwilligung begattete. Sollte es also beispielsweise so sein, dass sie mit einem Manne einvernehmlichen Geschlechtsverkehr hatte, und mittendrin das Kondom riss, oder dieser in bösartiger Absicht Löcher in das Kondom stach, so hätte die Frau keine legale Möglichkeit, das Kind abzutreiben (vorausgesetzt, das absichtliche Beschädigen des Kondoms ist keine Straftat; sollte dies bislang nicht entschieden werden, so wäre es zwecklos, damit vor Gericht zu ziehen, da es einerseits seine Zeit dauert, bis die Schwangerschaft festgestellt werden kann, und es andererseits zu viel Zeit in Anspruch nähme, ein Urteil darüber zu fällen. Bis dies durchgesetzt ist, ist es für eine Abtreibung zumeist bereits zu spät). Mit Sicherheit handele es sich bei beiden Fällen um Einzelfälle, die nur selten auftreten, doch sind diese Fälle eben nicht durch die gegebene Rechtslage gedeckt, sodass Frauen im Stich gelassen würden, träten sie ein. Ein Rechtsstaat sollte es besser wissen, und man sollte alle ideologischen Vorbehalte außen vor lassen, wenn es um die Frage geht, ob man diesen Paragraphen abschaffen sollte. 
Die ideologischen Vorbehalte sind aber genau das Problem, welchem der Abschaffung bislang im Wege standen; spricht man Abgeordnete der CDU darauf an, so argumentieren sie, dass sie Frauen auf diese Weise schützen wollen, der Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geht sogar noch einen Schritt weiter, und will mittels einer Studie erforschen, ob etwaige psychische Krankheiten nach einem Schwangerschaftsabbruch auftreten, Frauen kritisierten ihn für diese angedachte Studie. Immerhin: Abtreibungen werden seit Jahren vorgenommen, und noch nie klagte eine Frau über Stimmungsschwankungen nach einer Abtreibung. Sinn und Unsinn einer solchen Maßnahme bleiben also im Verborgenen, wenn man ausschließen möchte, dass diese Maßnahme reiner Populismus sind. Denn schließt man dies aus, so bleibt nichts weiter als das. Jens Spahn gilt als Konservativer in der Union, als ein jemand, welcher die CDU, nach ihrem leichten Ruck nach links, wieder nach rechts holen möchte. Und was ist konservativer, wenn nicht die Einschränkung von Frauenrechten? Immerhin sind es doch mehrheitlich Männer, die sich als konservativ einstufen. Frauen wissen es des Öfteren besser, warum sie sowas nicht tun, sie genießen ihre Freiheiten. Dennoch hält die Union einiges darauf, ein Wörtchen dabei mitzureden. So kommen schließlich Beschlüsse zustande wie eine nur langsame Annäherung an die Lockerung des Paragraphen 219, und dies auch nur unter erheblichen Druck vonseiten des Volkes und der Opposition. Ihr Koalitionspartner, die SPD, hält vielmehr auf ihr Dasein in einer Regierungskoalition als an der Durchsetzung ihrer Ideale, welche sich eher an den Menschen als an irgendwelchen konservativen Idealen, welche auch eigentlich nicht zu ihr gehören sollten, doch ließ die SPD bereits in frühester Zeit alle Hoffnung auf eine Rückbesinnung zu ihren Gründungsidealen fahren, und wurde zu einer Abziehpartei, auf die gescheiterte Parteien wie die Union zurückgreifen können, wenn es mit der Regierungsbildung mal wieder nur schleppend vorangeht, und man verzweifelt nach einer regierungswilligen Partei sucht. So auch beim Thema Abtreibungen. Dabei könnten auch Frauen eine kompakte Wählergruppe für die SPD darstellen, womit sie auch ihre Vorteile aus dem linksliberalen Zeitgeist schöpfen. Sie müsste es nur wollen. 
Zwei Dinge stechen bei dieser Thematik und dem Verhalten der CDU noch heraus: Erstens das Personalverhältnis zwischen Mann und Frau innerhalb der Partei, und zweitens die «WerteUnion», welche sich innerhalb der CDU formiert. Doch eines nach dem anderen, zuerst das Kräfteverhältnis der Geschlechter innerhalb der CDU: Schaut man beim Bundesamt für politische Bildung (bpb), so sieht man, dass die CDU sich aus 74 Prozent Männern und 26 Prozent Frauen zusammensetzt. Bei der SPD sieht es nur minder besser aus: 68 Prozent der Genossinnen und Genossen sind Männer, 32 Prozent sind Frauen. Eine makabre Zusammensetzung: 71 Prozent der Großen Koalition (GroKo) bestehen somit aus Männern, 29 Prozent von ihnen sind Frauen. Eien Frauenquote stünde vor einer regelrechten Herkulesaufgabe, dieses Ungleichgewicht auszugleichen. Vor allem aber besonders in diesem Bereich schlägt das Ungleichgewicht, aus genau einem Grund: Abtreibungen gehen alleine Frauen (und ihre behandelnden Ärzte) etwas an! Bedenkt man dann, dass innerhalb der Koalition Gespräche über dieses Thema von 71 Männern unter 100 Anwesenden gefürht würden, läuft es einem kalt den Buckel runter. Ginge es um eine Bundestagsdebatte oder um Koalitionsgespräche, bei der die Frage behandelt würde, ob - ganz sozialistisch - private Krankenkassen dazu verpflichtet werden sollten, Vorsorgeuntersuchungen für Prostatakrebserkrankungen zu übernehmen, und man sie bei Zuwiderhandlungen sanktionieren sollte? Zugegeben, auch Frauen hätten mit Sicherheit nichts dagegen, doch stelle man sich nur vor, dass sich insbesondere bei Frauen eine Opposition wiederfände, so wäre man mit Sicherheit außer sich, dass Frauen, in diesem beispielhaften Fall, so unisono dagegen seien. Würde es besonders riskant für die Herrenschaft, dann wären Frauen auch in dieser Dreiviertelmehrheit, welche sich im realen Fall wiederfindet.  Naturellement, keinem Mann, auch nicht im Parlament, geschweige denn in der Koalition, soll irgendwelche misogyne Parteilichkeit vorgeworfen werden, doch spräche dafür auch das Durchschnittsalter innerhalb der Christlich-Demokratischen Union: Dort beträgt sie nämlich sage und schreibe 60 Lenze. Und dabei ist nur die Rede vom Durchschnittsalter. Zwar besteht auch die Möglichkeit, das vereinzelte Mitglieder jünger sind, doch findet sich eine stramme Mehrheit von ihnen entlang dieses Maßstabes, einige von ihnen auch noch höher. Die Rede ist also von einer in der Regel 60 Jahre und älteren Partei, die zu drei Vierteln aus Männern besteht, die darüber zu entscheiden hat, ob Frauen die Möglichkeit haben sollten, sich darüber zu informieren, ob sie Abtreibungen bei einem Arzt vornehmen lassen können. Das ist nicht transparent, das ist nicht ausbalanciert im Machtverhältnis, das ist nicht demokratisch. Kurzum: Es ist schlechthin frauenfeindlich. 
Ein zweiter Punkt, bevor noch zu guter Letzt einige Fakten zu Abtreibungen selbst erläutert werden sollen, ist der Faktor Christlichkeit in dieser Angelegenheit, denn auch wenn die CDU sich von diesem Prädikat, welches ihren Namen schmückt, ist er in gewissermaßen auch ein Kriterium, welches diese Entscheidung signifikant beeinflussen mag. Mit dem Christentum, wie bereits beschrieb, verbinden sich auch zumeist sehr konservative Ansichten, wie auch aus konservativen Schriften häufig hervorgeht. Konservative bauen auf der Nation, welche auf christlichen Werten gebaut sind; sich auf christliche Werte berufen. Zu diesen Werten gehören auch der Schutz des (ungeborenen) Lebens, wodurch eine Abtreibung dem Morde an einem Kinde gleichkommt. Sie fragen sich von vorneherein nicht, ab wann man überhaupt von einem ungeborenen Leben sinngemäß sprechen kann, doch dazu später mehr. Sie sprechen ungehindert davon, dass Abtreibungen Mord sind, und sie infolgedessen unter Strafe stehen müssen, wie auch jede andere Form von Mord oder Totschlag (es sei denn, man befindet sich im Kriege. Ab dann ist Mord selbstverständlich ein legitimes Mittel, auch für die christliche Kirche).  Sich vorzustellen, wie unbarmherzig diese Entscheidung sich gegenüber den bereits bestehenden Leben, dem der Frauen, über deren Entscheidungs- und Selbestimmungsfähigkeit hinweg sie Bestimmungen treffen, auswirkt, können sie hingegen nicht. Womöglich wollen sie das auch gar nicht, wollen sich nicht mit solchen Gewissensbissen plagen. Sie predigen: «Liebe deinen Nächsten», doch haben sie sich nie mit dem Dilemma, mit welchem sie sich konkret konfrontiert sehen, näher befasst. Sicher, auch das ungeborene Leben ist ihr «Nächstes», doch genauso ist es auch die Frau, welche es in sich trägt, es neun Monate lang austragen muss, um es dann auch noch mindestens 16 Jahre pflegen und versorgen zu müssen. Freilich könnten sie es auch zur Adoption freigeben, doch könnte das durchaus psychische Folgen haben. Letztlich besteht auch noch immer eine psychische Verbindung zwischen Mutter und Kind, das ist mitnichten auszuschließen, lediglich eine Klausel ist dem anzufügen: Es gilt vor allem für das geborene Leben. Abtreibungsgegner, zu welchen die CDU gezählt werden kann, treiben (unfreiwillige) Mütter in eine regelrechte Zwickmühle, eine unfaire obendrein. Von einer politischen Partei, welche gewählt wurde, um das Volk zu vertreten - die CDU selbst bezeichnet sich, mehr oder minder korrekt, als «Volkspartei» -, sollte man sich solch unlautere Methoden verbieten, sowas schickt sich nicht. Mag sein, dass der Volksmund Politiker, häufig halb im Scherze, als Verbrecher bezeichnet, als Lügner, Diebe, Strolche, doch sollten Abgeordnete in Land- und Bundestag es besser machen, sich als Staatsmänner und -frauen profilieren, welche um das Wohl ihrer Schützlinge stets besorgt sind. Sind sie das nicht, sollten sie zumindest den Respekt und den Anstand besitzen, ihren Posten zu räumen, um Platz für jemanden, der es besser weiß und kann, zu machen. Derzeit muss leider das Resumé zu ziehen, dass die CDU alles andere als eine Volkspartei ist, selbiges gilt für die SPD. Beide machen allenfalls Politik für Senioren, die seit ihren jüngsten Jahren diese Parteien wählten, und sich nie viel um die Machenschaften in Berlin scherten; diese verbauen aber die Chancen für diejenigen, die noch ihr gesamtes Leben vor sich haben, beispielsweise die jungen Menschen, welche sich mehr und mehr politisieren, für ihre Interessen auf die Straße gehen, wie man bei den «Friday's For Future»-Protesten, welche für eine progressivere Klimapolitik einsetzen. 

Nun also noch einige Fakten zum Thema Abtreibungen; vielmehr die Frage: Ab und bis wann ist es medizinisch möglich, Abtreibungen vorzunehmen. Dies ist nämlich eine Frage, welche in Diskussionen auf ethischer Ebene stets zur Sprache kommt. Gesetzgebungen bezüglich Abtreibungen orientieren sich, wenn sie sie nicht verbieten, perpetuierlich an dieser Frage. Wann also dürfen Abtreibungen vorgenommen werden, und ab welchem Punkt sind sie nicht mehr möglich? Hier einige Optionen: 

  • Innerhalb der ersten zwölf Wochen, beziehungsweise der ersten drei Monate, ist in Deutschland eine Abtreibung straffrei möglich. Mancherorts wird man auch noch davon hören, dass es bis zur vierzehnten Schwangerschaftswoche möglich sei. Fakt ist jedenfalls, dass zwischen Beratung über eine Abtreibung und der Abtreibung selbst mindestens drei Tage vergehen müssen, ansonsten könnte dieser Vorgang strafrechtlich belangt werden. 
  • Abtreibungen nach der zwölften Schwangerschaftswoche sind noch durchaus möglich. Nach dieser Woche ist es möglich, erste Informationen über den Embryo einzuholen, beispielsweise über mögliche Behinderungen. Diese sind nicht für wenige Frauen und ihren Partnern ein Grund, abzutreiben, weil sie die Lasten eines geistig oder körperlich behindern Kindes tragen. Um dem Kinde das Leid, welches sie voraussehen, zu ersparen, treiben sie dann ab. Auch das ist noch medizinisch möglich. 
  • Eine Abtreibung nach der zweiundzwanzigsten Schwangerschaftswoche ist das wohl schwierigste Unterfangen; nicht wegen des Eingriffes selbst, sondern, weil in dieser Woche bereits sich ein lebender Fötus entwickelt hat, welcher, vor der Abtreibung selbst, getötet werden muss. Sobald der Fötus abgetrieben wurde, stellen sich die Wehen ein und die Frau gebärt den toten Fötus. 
  • In den USA, besser gesagt: Im Bundesstaat Ohio, wurden Abtreibungen für die ersten sechs Wochen, beziehungsweise die ersten eineinhalb Monate, für straffrei erklärt. Begründet wurde es damit, dass nach sechs Wochen ein Herzschlag vom Embryo zu vernehmen sei. 
  • Im amerikanischen Bundesstaat Louisiana wurden Abtreibungen vorerst für legal erklärt, doch der neu in den Supreme Court erhobene Richter Brett Kavanaugh verfasste darauffolgend einen Dissens, er stellt sich als dezidierten Abtreibungsgegner.  Auch in Zukunft könnte dies noch einige Probleme für liberal orientierte Frauen darstellen. 
Die letzten beiden Punkte dürften den gemeinen deutschsprachigen Leser herzlich weniger interessiert haben, doch sie sollten nichtsdestoweniger erwähnt werden. Wer sich aber für die Rechtslage bei Abtreibungen im europäischen Raum interessieren sollte, der kann sich bei France 24 noch einmal näher informieren. Beim Link ist lediglich ein Nachtrag zu unternehmen: Irland hat sich mehrheitlich für eine Legalisierung von Abtreibungen entschieden, und damit ein erzkatholisches Gesetz überwältigen können, in Richtung der Modernisierung. Entsprechend ist Polen das letzte innereuropäische und zugleich katholische Land, in welchem Frauen mit ihrem Wunsch nach einer liberalen Gesetzgebung bei Abtreibungen auf taube Ohren stoßen. 
Wie sieht es aber mit der «Pille danach» aus? Gemeint ist damit ein Präparat, welches entweder den Wirkstoff Gestagen oder Ulipristal enthält, und den Eisprung entweder verschiebt, beziehungsweise ihn hemmt. sodass die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft entweder gänzlich verhindert oder zumindest vermindert werden kann. Soll heißen: Die Pille danach muss kurze Zeit nach dem Geschlechtsverkehr genommen werden, da sie sonst wirkungslos ist. Spermien überleben etwa fünf bis sieben Tage, sodass das Zeitfenster gering ist. Für minderjährige Mädchen ist die «Pille danach» kostenfrei in Apotheken erhältlich, für Volljährige entgeltlich. Insgesamt ist diese Regelung zynisch aus gewissen Gesichtspunkten, doch nicht minder zynisch als ein standardmäßiger Mehrwertsteuersatz für weibliche Hygieneartikel, anstelle eines verminderten, wie er beispielsweise für Bücher gilt. Um diese Problematik träumerisch anzugehen, könnte man vorausblickend behaupten, dass es unter einer rot-rot-grünen Regierung anders aussähe, doch erhielte eine solche Koalition wohl kaum eine Mehrheit. So viele Frauen hat dieses Land nicht. Entsprechend bleibt nichts anderes zu sagen, als es die einstige Feministin Florynce Kennedy (1916 - 2000) formulierte: 
«If men could get pregnant, abortion would be a sacrament.»
Wir müssen also darauf hoffen, dass die Wissenschaft alsbald so weit sind, dass auch Männer schwanger werden können, sodass Abtreibungen vollkommene Legalität erhalten, weibliche Hygieneartikel steuerfrei sind und Ärzte frei für diesen Dienst werben können. Unfortunately, it's a men's world. 

Hierbei möchte ich den Text nun abschließen, und hoffe, dass er den einen oder anderen Leser begeistern konnte, und er oder sie vielleicht daraus etwas mitnehmen konnte, und sei es nur die Gewissheit, diesen Autor nie mehr wieder in seinem oder ihrem Leben lesen zu müssen. Ich entschuldige mich hierbei auch für die eine oder andere Stelle, in der ich ein wenig pathetisch aufgetreten sein mag, und für die eine oder andere Schwankung im Stile selbst. Dieses Schriftstück entstand in einer sich über Tage erstreckenden Arbeit und wurde nicht mehr weiterverarbeitet. Solltest du, lieber Leser oder liebe Leserin, einen Tippfehler oder eine inhaltliche Macke finden, melde sie mir doch bitte in den Kommentaren. Ich wäre dir dafür sehr verbunden. Bitte auch immer konstruktiv bleiben, bei Kritiken und auch Diskussionen. Vielen Dank! 


»Guten Morgen! Oh, und falls wir uns nicht mehr sehen: Guten Tag, guten Abend und gute Nacht!« ~ Truman Burbank, «Die Truman Show»

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