Der will nur spielen

Mensch, Hund und Wolf in Deutschland


Die Boulevardpresse lebt in der Regel von recht emotionalen Geschichten, die eine einfältige Leserschaft prägnant anzusprechen weiß. Dazu gehören Geschichten wie die des zweijährigen Julen aus Spanien, der in einen improvisierten Brunnenschacht stürzte und nach einer mehrtägigen Rettungsaktion geborgen werden konnte; dass viele Flüchtlinge mit einem Handy in der Hand nach Deutschland gelangen, so als ob sie vor dem Krieg ein normales Leben geführt hätten; oder dass ein Kampfhund ein kleines Kind totgebissen hat. Es sind solche Geschichten, die die Menschen auf einer niederen Ebene ansprechen, weil sie auf Emotionen bauen. Vor allem führen sie aber auch zu einem: Hass. Und Diskriminierung. Das trifft Flüchtlinge - aber auch Hunde. 

I. Allgemeine Informationen
II. Voraussetzung zum Halten eines Listenhundes
III. Diskriminierung?
IV. Wer schön sein soll, muss leiden
V. Einwurf: Warum gibt es eine Hundesteuer, jedoch keine Katzensteuer?
VI. Homo hominem lupus est
VII. Fazit


I. Allgemeine Informationen

Doch auch außerhalb der Boulevardpresse liest man durchaus von Fällen, bei welchen Kinder (in der Regel) zu Schaden kommen, weil Hunde nicht mehr von ihrem Herrchen (oder Frauchen) gebändigt werden konnten und sie deswegen im freien Lauf Kinder anfielen. Nicht allein deswegen sind Themen wie die der Listenhunde, also Hunderassen, denen eine besondere Gefährdungsstufe zugesprochen wird, und die Führung solcher Listen häufig auch sehr emotional geführt werden. Verängstigte Eltern sorgen sich um ihren Nachwuchs, der durch einen Mastiff zerfetzt werden oder einen Arm verlieren könnte, nur, damit jemand sich einen solchen Hund erlauben darf (oder durfte, bis zum Zeitpunkt der Tat). Fakten sind in der Debatte recht selten anzutreffen, da das Thema trotz seines populären und populistischen Faktors selten die Schlagzeilen erreicht, und außer Randnotizen nicht weiter erscheint. Das liegt letztlich auch daran, dass Menschen bei Weitem nicht so häufig durch domestizierte Hunde verletzt oder gar getötet werden, wie man annehmen möchte. Andererseits lässt sich das auch nicht repräsentativ belegen, da es keine bundesweit einheitlichen statistischen Erhebungen gibt. Man müsste einigermaßen identische Erhebungen für jedes Bundesland finden, was schlichtweg unmöglich ist, da es nicht verpflichtend durchgeführt wird, sodass man einerseits nur Schätzungen finden wird, und diese dann aus unterschiedlichen Zeiträumen, sodass man auch selbst nicht durch Recherchen auf einheitliche Ergebnisse kommen wird, die über den Status einer Vermutung hinauskommen. Beißattacken müssen nicht distinguiert geführt werden in Statistiken, und nicht alle werden auch polizeilich gemeldet. Manchmal lohnt es sich eben auch nicht, man einigt sich vielleicht kameradschaftlich oder nachbarschaftlich, will sich also bureaukratische Scherereien und dergleichen ersparen, weil man weiß, dass Tiere manchmal zu Ausbrüchen neigen, und man sein bestes tut, es nicht so weit kommen zu lassen, wie es eben manchmal trotzdem kommt. 
Als nächstbeste Referenzquelle lässt sich lediglich ein Artikel aus dem «Deutschen Ärzteblatt» (DAE 171000) verwenden, in welchem die Thematik aufgegriffen wurde. Sie gehen von einer Zahl zwischen 30.000 und 50.000 Bissverletzungen aus (bei allen Haustieren, also Kleinstlebewesen wie Hamstern, Meerschweinchen und so weiter, aber eben auch Tieren wie Hunden und Katzen, bei einer Haustierdichte von knapp 33 Prozent in der Gesamtbevölkerung. Gingen wir also davon aus, dass die alleinigen Opfer solcher Beißattacken die Halter selbst sind, und jede Beißattacke auf genau ein Opfer kommt (die Varianz zwischen Menschen, die es nicht traf, und die, die es umso häufiger traf, wäre ohne konkrete Ergebnisse vonseiten der Länder kaum korrekt festzustellen), so kann man beruhigendermaßen sagen, dass die Gefahr, die von Haustieren generell ausgeht, sich auf gerade einmal 18 Prozent beläuft. Und das trifft auf Haustiere generell zu. Nun kann uns der Bericht des deutschen Ärzteblatts noch etwas über diese Zahlen verraten, nämlich, dass Hunde zwischen 60 und 80 Prozent der Bissverletzungen ausmachen, was zunächst logisch erscheint, obgleich sie doch nur die am zweithäufigsten auftretende Form des Haustiers in Deutschland sind laut einem Bericht des Presseportals: Sie treten 9,7 Millionen mal auf, während Katzen mit einem knappen Vorsprung - 13,7 Millionen einzelnen Lebewesen - das Rennen machen;logisch erscheint es aber auch ob des Jagdtriebs, dem Hunde unterliegen. Selbstverständlich ist er auch bei Katzen vorzufinden - nicht umsonst lauern sie kleinen Vögeln oder Mäusen, sofern sie sie aufspüren können, auf, doch zeigt er sich Menschen gegenüber noch häufiger bei Hunden als bei Katzen. Diese 80 Prozent beziehen sich auf die 50.000 Bissverletzungen, sodass von Hunden in etwa 40.000 ausgehen. Bei fast 10 Millionen Hunden ist das noch ein berechenbares Risiko, wir sprechen dabei von einem Risiko von knapp vier Prozent. Ohnehin lebt es sich in Deutschland ziemlich sicher: Im Human Development Report der United Nations aus dem Jahr 2018 (PDF) (Springen zu: «Human Security»; ausgeschrieben steht im Inhaltsverzeichnis die Seite 66, somit blättern auf Seite 75) rangiert Deutschland unter allen Nationen der Welt auf Platz fünf, vor ihm liegen nur Norwegen als eines der skandinavisch-liberalen Nationen, Irland, Australien und die Schweiz. Letztere sind insbesondere von hohem Interesse, da die Schweiz, zusammen mit den USA, über eine der höchsten pro-Kopf-Raten an Schusswaffen in Privatbesitz verfügt (neben dem Jemen, doch dort hat der private Waffenbesitz noch ganz andere Gründe, wie man sich denken kann), wie auch Swissinfo zu berichten weiß. Ohne aber weiter vom Thema abzuweichen, zurück zu den allgemeinen Informationen über bisswütige Hunde. 
American Bull Mastiff
Zunächst hatten wir bereits einige Zahlen gehabt zu den Fällen von Beißattacken, bei Haustieren allgemein und Hunden im Speziellen. Wie man sich auch schon denken konnte, sollte es vor allem aber auch um die sogenannten Listenhunde gehen, also Hunde, die man brandmarkte, besonders gefährlich zu sein. Wie man sich denken konnte, gibt es aber auch hierfür keine definite Liste, an welcher sich alle Länder gleichermaßen orientieren. Stattdessen kann und darf jedes Bundesland nach Gutdünken urteilen, welche Hunde unter besondere Konditionen fallen (sollen). Entsprechend gibt es auch keine besonderen Vorgaben wie etwa Vorfälle einer bestimmten Rasse in einem solchen Konflikt, oder die Zucht und welche Voraussetzungen die Rasse einstmals erfüllen sollte (beispielsweise außerordentliche Flinkheit für die Jagd, oder ein besonders kräftiger Körperbau für das Bezwingen größerer Tiere, wie es auch bei Mastiffs der Fall war: Diese konnten im Verbund von zwei oder drei Hunden Bären erlegen oder Schlitten ziehen). Vielmehr entscheidet die Auffassung Einzelner darüber, wer auf die Liste kommt und wer nicht. Einige Hunde sind aber dennoch häufiger anzutreffen, beispielsweise
  • Rottweiler,
  • Mastiffs,
  • Pitbulls,
  • American Staffordshire Terrier,
  • Cane Corso Italiano,
Und so weiter, und so fort. Nach außen hin erwecken einige von ihnen durchaus den Anschein, als ob sie einmal im Kampf auch eingesetzt wurden, sie erwecken den Anschein der Kraft, der Gewalt, und auch der Blutrünstigkeit. Bekanntermaßen sollte man sich aber von Äußerlichkeiten nicht abschrecken lassen, sondern auf den Charakter des Tieres setzen, über einen solchen verfügen Hunde, wie auch andere Tiere. Genau deswegen ist es aber auch nicht per se verboten, einen solchen Hund zu halten, er untersteht lediglich besonderen Voraussetzungen, die der Halter selbst erfüllen muss, damit er das Tier halten kann. 

II. Voraussetzungen zum Halten eines Listenhundes

Was ein potentieller Halter eines Listenhundes zuallererst mitbringen muss, damit er ein solches Tier halten kann, ist ein gut gefüllter Geldbeutel. Da Listenhunde eine gesonderte Gefahrenstufe einnehmen, ist eine Haftpflichtversicherung für sie auch entsprechend teurer. Um die Sachlage ein wenig Bildhafter darzustellen, kann man einmal eine Vergleichsrechnung mit zwei unterschiedlichen Rassen vornehmen: Einem Dobermann als einen gewöhnlichen Hund, und einen Mastiff als den klassischen Kampfhund; beide reinrassig. Dobermänner sind nicht als Listenhunde geführt in der Regel, Ausnahmen bestätigen dabei die Regel. Stellen wir uns vor, dass wir ein 25-jähriger Mensch sind, der sich einen dieser beiden Hunde jeweils zulegen will. Was würde uns vorgeschlagen? Das schauen wir uns jetzt an. 

Preisvergleich bei Haftpflichtversicherung von Mas-
tiffs und Möpsen (Quelle: «Hundehaftpflichttest.de»)
Schaut man sich die beiden Angebote an, fällt einem sofort auf, dass zwischen ihnen ein erheblicher Preisunterschied
vorherrscht. Woher das kommt? Das ist fraglich, schließlich weiß ein jeder, der mit diesen beiden Rassen einmal im Guten zu tun hatte, dass von ihnen ein gleichwertiges Gefahrenpotenzial ausgeht. Das heißt: Entweder sind Möpse beißwütige Monster, oder aber Mastiffs friedfertige, faulenzende Fleischberge, die am liebsten den ganzen Tag auf der faulen Haut verbrächten und gegebenenfalls ein wenig im Vorgarten entspannten. Worauf also sollte man sich einigen? Der gesunde Menschenverstand rät, auf empirischen Erfahrungen beruhend, zu letzterem: Mastiffs sind, wenn man ihnen oder ihren Herrchen nicht feindselig gesinnt entgegentritt, wahrhaftig friedfertige Wesen. Sicher, sie wissen sich mittels Stärke zu verteidigen, doch niemals würden sie vorsätzlich jemanden angreifen, weil er ihnen suspekt ist (Ausnahmen bestätigen hierbei die Regel). Hilfreich wären in diesem Fall natürlich auch Zahlen, doch warum es diese gibt, wurde bereits im Vorfeld geschildert. Das bedeutet aber noch eines: Man taxiert bestimmte Hunderassen aufgrund von Vorurteilen und anfänglichen Einsätzen (Mastiffs wurden besonders in England früher zur Jagd eingesetzt und waren auch in der Lage, ihnen körperlich überlegene Lebewesen wie Bären zur Strecke zu bringen), welche ihre Zucht häufig bestimmten, ohne dabei vorher zu kontrollieren, ob das überhaupt sinnvoll ist. Man bedient sich des Populismus, um bestimmte Tiere gezielt zu diskriminieren. Dabei hätte man durchaus die Mittel, um sowas, wenn auch im gewissen Grade bureaukratischer, zu kontrollieren: Man könnte sagen, dass, wollte man sich einen Listenhund anschaffen, man das einerseits bei der Stadt oder Gemeinde anmelden muss, und Versicherungen das Ergebnis eines Wesenstests (welcher ohnehin eine Voraussetzung zur Haltung ist) einsehen können, um zu sehen, ob von diesem individuellen Hund eine außerordentliche Gefahr ausginge. Wäre dem so, so könnte man es bei höher angesetzten Preisen belassen, Fälle wie der im Screenshot zu sehende wären infolgedessen gerechtfertigt, da man feststellte, dass dieser Hund in Zukunft ein Problem darstellen könnte, somit höhere Kosten verursachte. Sollte sich aber herausstellen, dass es sich bei einem individuellen Hund trotz seiner Listung um ein friedfertiges Wesen handeln, welches, ähnlich einem Mops oder einem Zwergspitz,  keiner Fliege etwas zuleide tun könnte, so könnte ein ermäßigter Preis angesetzt werden, welcher auch das Tier aus der Affäre zöge, und seinen Halter weniger finanziell belaste. 
Ein ähnliches Prinzip verfolgen bestimmte Versicherungen wie die Allianz Versicherungs AG oder die AXA bereits anderswo, nämlich bei Fahranfängern: Sie werden, ähnlich wie Senioren, aufgrund ihrer mangelnden Erfahrung (Fahranfänger) oder nachlassender Sehstärke oder Reaktionszeit (Senioren) als außerordentlich riskant eingestuft auf der Straße, weswegen man von ihnen höhere Beiträge verlangt, um potentielle Schäden und somit Kosten prophylaktisch auszugleichen. Bei Fahranfängern steuerte man aber gegen, indem man ihnen anbot, dass sie pro Monat mindestens eine bestimmte Anzahl an Fahrten aufzeichnen ließ, durch welche ihnen ein gewisser Anteil an ihrem Versicherungsbeitrag erlassen würde. Dies geschähe durch speziell konzipierte Applikationen (bei der Allianz beispielsweise: «Bonus Drive»). Auf diese Weise wird verantwortungsvollen Jungfahrern die Möglichkeit gegeben, zu beweisen, dass sie bereits zu Anfang mehr wert sind als ihr hoher Versicherungsbeitrag behauptet, und sie müssen nicht jahrelang auf einen gemäßigteren Beitrag hinarbeiten. Listenhunde haben keine solche Chance: Selbst, wenn sie monate- bis jahrelang friedfertige Haustiere darstellten, würden sie weiterhin taxiert wie brutale Mörder, um es ein wenig kolloquial auszudrücken. Versicherungen könnten also dabei helfen, dieses Image abzuhaken, indem sie beispielsweise großzügige Reduktionen anböten, wenn ein Hund in einem Monat gar nicht oder weniger als -- beispielsweise -- fünfmal im Monat auffielen durch Sachschäden oder Körperverletzungen gegen unschuldige Mitmenschen oder -lebewesen. Auf diese Weise würde auch der Tierhaltung und Haustierhaltung ein nobler Dienst erwiesen: Die Versicherten zahlten weniger, und Tiere wie der Mastiff oder der Dobermann wären ihr Image als Problemtiere los. Ein öffentliches Interesse bestünde durchaus daran. 


III. Diskriminierung?

Der Begriff der Diskriminierung wird vielseitig verwendet in der heutigen, aufgeklärten Gesellschaft: Man verwendet ihn, wenn Repressionen vorliegen gegen Menschen einer minoritären sexuellen Orientierung, gegen Menschen mit einem nicht-kaukasischen Erscheinungsbild, oder wenn jemand einfach nicht dem allgemeinem gesitteten Erscheinungsbild entspricht, beispielsweise durch einen geflochtenen Bart oder Dreadlocks. Auf diese Weise kann beispielsweise ein Arbeitgeber eine Bewerbung ablehnen, ohne genau das als Begründung abzulehnen, und obwohl eine Diskriminierung dieser Art gesetzlich verboten ist. Nachweisen ließe es sich nicht. Ähnlich muss man sich fragen, ob nicht durch die willkürliche Zusammensetzung von Listen aufgrund subjektiver Annahmen nicht ebenfalls eine Art von Diskriminierung ist. Es mag belegbar sein, dass bestimmte Hunderassen von Natur aus temperamentvoller sind, über eine höhere Beißkraft als andere Hunde verfügen, und generell über mehr Kraft verfügen mögen, doch bedeutet das noch lange nicht, dass sie auch entsprechend eine größere Gefahr für Menschen darstellen. Es bleibt aber dabei: Bevor man hierüber fundiertere Aussagen treffen kann, müssen Beißattacken allgemein zunächst einmal dokumentiert und statistisch erfasst werden, in einer bundesweit einheitlichen Form; erst dann kann man auch tatsächlich sagen, ob bestimmte Hunderassen mittels einer Liste unter gesonderten Umständen an Besitzer übergeben werden sollten, unter bestimmten Prämissen. Ansonsten ist davon auszugehen, dass bestimmte Hunderassen aufgrund ihrer körperlichen Eigenschaften als Problemfälle eingestuft werden. 
Um aber ansatzweise darüber eine Aussage treffen zu können, soll hierbei einmal ein Bericht über die Beißstatistik der Jahre 2016 bis 2017 aus dem Bundesland Hessen zur Rate gezogen werden; dass sie erst über eine kleine Anfrage der Fraktion die Linke herausgegeben wurde, zeigt, wie minoritär die Thematik gehandhabt wird, trotz eines, wenn auch geringfügig großen, Interesses unter den Menschen. Was aber sagt die Statistik, über welche unter anderem «Forschung und Wissen» berichtete? Folgendes: 
35 bzw. 37 der rund 300 Hunde sind sogenannte Listenhunde und stehen auf der Rasseliste.
Maximal also 37 der 300 Hunde, die durch Beißattacken auffielen, sind also tatsächlich Listenhunde. Das verwundert, möchte man meinen, wo doch Listenhunde eine besonders hohe Gefährdungsstufe darstellen, weswegen sie nur unter bestimmten Bedingungen an Besitzer ausgegeben werden können. Man könnte hierunter auch die Folge dieser Restriktionen sehen: Dadurch Listenhunde einerseits vorbelastet sind in ihrer Reputation, und man sie nur unter bestimmten Bedingungen erhalten kann, kursieren sie weniger unter Haustierhaltern, und entsprechend können sie auch nicht so häufig auffallen. So möchte man meinen. Geht man aber davon aus, dass Listenhunde statistisch gesehen häufiger auffallen, häufiger als in 12,33 Prozent aller Beißattacken in einem Jahr. Um es einmal ein wenig konkreter zu erläutern: 
» Stellen wir uns einmal vor, es fänden hundert Beißattacken statt, von hundert verschiedenen Hunden; jeder Hund fällt einmal durch eine Beißattacke auf. Stellen wir uns außerdem vor, dass einer dieser Hunde ein Listenhund ist, beispielsweise ein Dogo Argentino. Damit ein Listenhund als solcher eingestuft werden kann, sollte er für eine signifikante Menge an Beißattacken verantwortlich sein, ansonsten wäre er ja schon fast wie ein normaler Hund. Für eine solche Auffälligkeit könnten wir ein Drittel aller Beißattacken einstellen, das klingt realistisch für eine solche folgenschwere Einstufung. Das wären bei hundert Fällen geschätzt 33 Fälle. Bei 300 Beißattacken wären das knapp 99 Fälle. Stattdessen liegen uns knapp zwei Drittel weniger vor, grob überschlagen. Wie viele Prozent an jährlich stattfindenden Beißattacken müssen bestimmte Hunde also erreichen, damit sie auf einen solchen Index gelangen? Diese Frage steht offen, und müsste theoretisch erfragt werden. Man sollte aber durchaus von einem signifikanten Ergebnis ausgehen, welches auch die Masse an Menschen erfragen lässt, ob es nicht sinnvoll wäre, eine bestimmte Hunderasse auf einen solchen Index zu setzen. Bislang erscheint die Liste mehr als willkürlich, und insofern auch fragwürdig. 

Zuletzt erregte der Tod einer 52-jährigen Mutter und ihres Sohnes die Debatte um Kampfhunde und wie mit ihnen umzugehen sei. Der Mörder: Der American Staffordshire-Mischling Chico, welcher im Alter von acht Jahren schlussendlich eingeschläfert wurde. Wie kam es zu diesen Mord? Anfangs ging man davon aus, dass es daran läge, dass er durch seine Rasse praktisch schon ein Risikofaktor an sich sei, Listenhunde sind ja bekanntlich nicht umsonst auf der Liste verortet, so die Theorie, wie man mittlerweile weiß. Weitere Obduktionen ergaben jedoch ein anderes Bild: Der Hund litt wohl unter seinen Besitzern, wurde regelrecht misshandelt und so praktisch gegen sie aufgebracht, sodass es nur eine Frage der Zeit war, wann er zur Tat schreite. Dasselbe hätte insofern auch mit einem deutschen Schäferhund passieren können, welcher aber trotzdem nicht auf irgendeiner Liste steht. Problematisch ist bei der Causa Chico lediglich, dass er ein Vorführmodell für alle Befürworter derartiger Listen war: Chico war von Anfang an ein sehr aufmüpfiger, aggressiver Staffordshire Terrier, von dem jeder, der mit ihm zu tun hatte, berichtete, dass er sie anspringen wollte (nachzulesen in einem vierseitigen Beitrag auf «ZEIT ONLINE»). Der Halter legte sich diesen Hund zu, nachdem eine gescheiterte Ehe so weit, ging, dass, nachdem die Mutter mit ihren Kindern ins Frauenhaus floh und später von ihrem Ex fast ermordet wurde, letztlich aber zum Krüppel mit einem Beil geschlagen wurde, er sich diesen Hund mit 19 Jahren als Welpen zulegte, wohl, um das Gefühl zu haben, jemanden zu haben, der auf ihn aufpasste, einen Beschützer, praktisch einen Vaterersatz. In solchen Fällen genießen Listenhunde eine traurige Reputation, als brutale Beschützer. Man darf sich jedoch fragen, wie, wenn sogar Nachbarn das Gefühl hatten, dass ihr Halter sie im Zweifelsfall nicht unter Kontrolle hatte, er seinen Hund durch den Wesenstest brachte. Wie zuvor beschrieben, müssen zukünftige Halter von Listenhunden einen Wesenstest vorlegen, um zu beweisen, dass sie dazu in der Lage sind, ihren Hund zu halten. Der Halter wurde als eine schmächtige Persönlichkeit beschrieben, der seinem Hund mitnichten gewachsen war. Entweder war kein solcher Test erforderlich, oder aber er hatte Glück und kam durch. 
American Staffordshire Terrier
Später liest man aber von dem Spektakel, welches durch die Medien ging, nachdem Chico den zweifachen Mord beging und daraufhin in einem nahegelegenen Tierheim unter Quarantäne gebracht wird. Man kennt die Berichte von Menschenmassen, die sich für das Leben des Hundes einsetzten, welcher einen Mord zu verantworten hatte. Hierbei obliegt vor allem eine Diskrepanz zwischen den gegebenen Fakten und der Verteidigung der Freunde Chicos: Chico wird von ihrer Seite eine Verwahrlosung zugesprochen, welche ihn zu diesem Mord letztlich verleitete, dabei war er scheinbar keineswegs verwahrlost. Und selbst wenn er es gewesen wäre, hätte auch das sein Leben nicht mehr retten können, sein Schicksal war in gewissermaßen besiegelt mit dem Mord, komme, was wolle. Der Grund: Durch den Mord bezeugte er, dass er ein erhöhtes Aggressionspotenzial innehatte, welches ihn nicht länger sozialisierbar machte. Bedeutet: Er hätte den Rest seines Lebens in Isolation fristen müssen, weil er eine andauernde Gefahr darstellte für sein Umfeld. Anders als Menschen besteht bei Hunden keine Chance auf eine psychische Genesung; anders als bei Menschen besteht keine Chance, dass man sie wieder geradebiegen kann, sodass sie wieder wie normale Menschen unter ihresgleichen verkehren können. Hunde sind Tiere, und obwohl domestiziert, handeln sie doch noch immer instinktiv. Sie besitzen keine Psyche ähnlich die der Menschen, auf die sich einwirken lässt, was dazu führt, dass, sind sie einmal besonders angriffslustig, bleiben sie es auch. Es ging also kein Weg an der Euthanasie vorbei. Da half auch kein Demonstrieren für Chico, aufgenommen hätte ihn am Ende wahrscheinlich auch niemand unter ihnen, entgegen dessen, was im Bericht geschrieben steht; Menschen, die sowas schreiben, malen sich wahrscheinlich nicht aus, wie Chico tatsächlich veranlagt ist. Schließlich muss eines festgehalten werden: Auch wenn Listen für Kampfhunde insgesamt diskriminierend ist, bedeutet das nicht, dass einige Hunde tatsächlich nur unter bestimmten Vorbehalten vermittelt werden sollten an Halter. Diese Listen sollten aber nur als Leitfaden genommen werden, und nicht als in Stein gemeißelt und somit absolut verbindlich für jedes individuelle Tier, welches einer bestimmten Rasse zuzuordnen ist. Genauso wenig wie jeder US-Amerikaner übergewichtig und jeder Schwarzafrikaner ein vergewaltigender Messerstecher ist, ist auch nicht jeder Staffordshire Terrier ein beißwütiges Monster, welches allenfalls an Bodybuilder und psychisch stabile Veteranen vermittelt werden sollten, da allein sie die Kompetenzen besitzen, um ein solches Tier zu bändigen. Chico bewies indes, dass er leider zu den Fällen der aggressiven Kampfhunde gehört, die man nicht einen Moment aus dem Auge lassen darf; für den man einerseits die genügende Kraft und andererseits die mentale Durchsetzungskraft besitzen muss, um ihn unter Kontrolle zu haben. Es ist nicht davon auszugehen, dass diejenigen, die für ihn auf die Straße gingen, diesem Charakter entsprachen. Diejenigen, die es sind, wissen es besser, und sind nicht derart emotional ausgelegt. Auch das kann man später im Artikel lesen, es steht im nahen Bezug zu dem, was Listen vor allem versuchen: Sie verpassen Hunden einen bestimmten Ruf, der dann entsprechend eine bestimmte Zielgruppe anspricht. Man brandmarkt Hunde bis auf alle Ewigkeit, und erschafft dadurch letztlich Sündenböcke. 
Was lässt sich also zum Abschluss dieser ersten beiden Kapitel sagen? Es muss sich etwas in der Mentalität zu Listenhunden ändern. Die Listen müssen generalüberholt werden. Das heißt: Nachschauen, ob all diese Rassen tatsächlich qualifiziert dafür sind, auch eine Rasse zu beschreiben, die zu einer außerordentlich hohen Gewaltbereitschaft neigen, und zwar von Natur aus, und nicht erst, nachdem sie durch einen unverantwortlichen Halter in ein verzweifeltes Aggressionspotenzial gleiten. Man kann einen vermeintlichen Täter nicht für seine verfehlte Sozialisierung verantwortlich machen; wenn jemand in Armut geboren wurde und keinen Weg herausfand, weswegen derjenige am Ende bei einem fehlgeschlagenen Raubüberfall drei Menschen umbrachte, dann kann dieser Jemand kaum dafür verantwortlich gemacht werden. Kopfschmerzen sind auch nur ein Symptom einer bevorstehenden Grippe in vielen Fällen. In einigen sind sie zwar auch eigenständig, dann aber ebenfalls Symptom einer zu hohen Stressbelastung. Es gilt, stets zu differenzieren, und jederzeit die Ursachen zu erforschen. Das tat man beim Thema Listenhunde nicht, man hakte das Thema einfach schnell ab, da man es ungenügend gewichtete und schnellstmöglich ad acta legen wollte, um sich alsbald wichtigeren Themen zu widmen. Wie sich herausstellen sollte, war das ein schwerwiegender Fehler, der bis heute anhält. 


IV. Wer schön sein soll, muss leiden

Der Mops zählt wohl, neben vielen handtaschengroßen Hunderassen wie den Zwergspitzen, zu einer der beliebtesten Hunderassen unter urbanen Lebewesen. Dabei wissen nur wenige um sein Leiden, vor allem, weil es nach außen hin nicht sofort erkennbar ist. Sein Leden liegt im Innern, er hat nämlich eine verkürzte Schnauze. Was von vielen als niedliche Stupsnase erachtet wird, ist in Wirklichkeit eine erzwungene Kürzung, um den Niedlichkeitsfaktor zu erhöhen, um somit auch seine Verkaufszahlen zu erhöhen. Dass das sehr zulasten der Gesundheit des Tieres geht, darüber macht man sich nur wenige Gedanken, beziehungsweise machte. Denn eine solche Züchtung liegt natürlich Generationen zurück, hat sich über diese vielen Generationen hin entwickeln und manifestieren müssen, bis es schließlich perfekt war. Nun haben Möpse mit Atemproblemen zu kämpfen, liegen deswegen nicht selten vor allem im hohen Alter häufig bei Tierärzten, weil sie nicht mehr können. Wohlgemerkt ist das hohe Alter insofern eine Frage des Blickwinkels, denn normalerweise könnten viele Hunde noch älter werden, wären da nicht die erzwungenen Schönheitsoperationen, die sie zu Krüppeln machten. Bei Möpsen sind es eben die gekürzten Schnauzen, die zu Atemproblemen führen. Viele Hunde leiden auch an Bandscheibenvorfällen, beispielsweise Schäferhunde, ihr Rücken ist deformiert. Ähnliches tritt auch häufig bei Dackeln auf. Wie man bei der «WELT» lesen kann, leiden auch viele Hunde an Epilepsie oder anderen psychischen Erkrankungen. 
Warum das alles? Wie zuvor beschrieben, sind es kosmetische Eingriffe mit schweren Folgen, die aber den Verkauf von Tieren ankurbeln können: Wenn Hunde nach bestimmten Idealen gezüchtet werden, dann, weil sie besonders viele Menschen ansprechen, anfangs fallen die Folgen noch nicht auf, erst nach einiger Zeit treten dann die Beschwerden nach außen hin auf, des Öfteren könnten Besuche beim Veterinärmediziner fällig werden. Allein deswegen wird auch empfohlen, die Tiere vor dem Kauf genauestens zu inspizieren, und sie auf keinen Fall zu kaufen, wenn sie bereits nach außen hin Merkmale einer derartigen Rassenzüchtung aufweisen. Ausschlaggebende Argumente sind dafür einerseits das Wirtschaftsmodell nach Angebot und Nachfrage -- Wenn unnatürlich aussehende Hunde nicht länger nachgefragt werden, werden sie auch nicht länger so gezüchtet, sodass ihre Züchtung ausstirbt --, und andererseits gesetzliche Vorgaben, die ein Verbot über solche Züchtungen verhängen, da dadurch das Tierwohl gefährdet wird. Ersteres ist natürlich der fromme Wunsch eines jeden Konservativen und Liberalen, da beiden das Verhängen von Verboten widerstrebt, wie praktisch jeder Vorgabe gegenüber dem Markt. Doch wie sollte sich das am Ende durchsetzen, wenn der Mensch doch nach dem geringsten Widerstand geht? Dem Menschen obliegt die Gesetzmäßigkeit, dass er bei zwei Optionen immer diejenige nehmen wird, die komfortabler ist. Hat man also die Wahl zwischen der langwierigen Suche nach einem Züchter, welcher auf das Tierwohl Acht gibt, dafür aber mehr berechnet, und einem Züchter, welcher vor allem auf Niedlichkeit und hohe Verkaufsraten setzt, nicht viel berechnet, dafür aber auch das Tierwohl mit Füßen tritt, dann wird der Konsument selbstverständlich die letztere Wahl nehmen, das ist traurigerweise die Realität. 
Auf den Markt zu setzen und die angebliche Macht der Konsumenten ist natürlich ein bequemer Ausweg, mit welchem man Kunden und die Geldgeber befriedigen kann: Erstere, weil sie jedweder moralischen Verpflichtung befreit (Hunde werden ja jederzeit nachgezüchtet, immer nach dem Schema der Niedlichkeit), und letztere, weil die Züchter in keinster Weise dazu angehalten werden, das Tierwohl bei der Züchtung zu berücksichtigen. Das Problem dabei: Sind die Züchter nicht ausgerechnet im Inland [Deutschland] gelegen, sitzen sie zumeist in Osteuropa, beispielsweise in Rumänien. Dort zu wirken erfordere die Mitwirkung der dortigen Regierung, wovon aber nicht auszugehen ist; gleichzeitig kann die Europäische Union -- Rumänien ist Mitgliedsstaat -- sich über die Gesetzgebung des Landes hinwegsetzen, sodass einem insgesamt die Hände gebunden sind, wollte man die Qualzuchten beenden. Am Ende liefe es immer auf das Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen hinaus, auf den jedoch keinerlei Verlass ist, solange der Einzelne von sich immer wieder behauptet, dass seine (oder ihre) Tat keinerlei Bewandnis im großen Ganzen hat. Erst, wenn ein Jeder verstanden hat, dass seine (und ihre) Taten im großen Ganzen sehr wohl Bedeutung tragen, weil erst viele wie sie das große Ganze schaffen, wird auch das Prinzip von Angebot und Nachfrage positiv funktionieren. Für den Moment ist solches Glauben kontraproduktiv und geht am Thema vorbei, sollte tatsächlich ein Interesse am Thema vorliegen, und nicht bloß der Glaube daran, dass die Großkonzerne weiterhin einzahlen werden in Form von Spenden. Glauben kann man in Gotteshäusern, in der Politik hat es dagegen nichts verloren. Und auch wenn Großkonzerne nichts damit zu tun haben, dass in Osteuropa, aber auch im Westen, Tiere zu Krüppeln gezüchtet werden, geht es ums Prinzip: Dass Regulierungen und Verbote mit Konservativen und Rechtsliberalen so unvereinbar sind wie der Linksliberalismus und die Kohleförderung in der Lausitz. 

V. Einwurf: Warum gibt es eine Hundesteuer, jedoch keine Katzensteuer?

Generell hört man selten von empörten Hundebesitzern, die sich darüber aufregen, dass sie für ihre treuen Gefährten eine Steuer entrichten müssen, während sich so manche alleinstehende Frau an die 20 Katzen zulegen kann, ohne auch nur einen Pfennig an Steuer für ihre Mitbewohner bezahlen muss. Selbst für Pferde zahlt man eine Steuer, und diese hält man sich schon eher selten als Haustiere. Wieso also ist es der Fall, dass Katzen steuerfrei leben? 
Das Problem ist ihre weitestgehende Autonomie, nebst einem heute eher unbekanntem Grund, der am Ende noch einmal aufgegriffen wird. Von Katzen wissen jedoch alle, dass sie die wohl anarchistischsten Haustiere von allen sind: Obgleich sie jederzeit zu ihrem Diener (Spaß um die Ecke, aber Du weißt, was gemeint ist, geneigter Leser) zurückkehren, befinden sie sich doch am wenigsten in ihrem Zuhause. Vielmehr sind sie die ganze Zeit unterwegs (die meisten von ihnen), weswegen auch jederzeit angeraten wird, ihnen eine Möglichkeit zur Flucht zu offerieren, um sie nicht einzusperren. Allein aber weil sie über kein geregeltes Eigentumsverhältnis zugeordnet werden können, stellt es sich so diffizil dar, sie auch entsprechend zu versteuern. Damit das möglich ist, müsste sich eindeutig feststellen lassen, wem sie gehört. Bei Hunden ist das einfacher, da sie nicht dazu neigen, einfach ungefragt abzuhauen. Ähnlich verhält es sich mit Pferden, ohne Druck von außen flüchteten sie auch nicht einfach so von der Weide oder aus dem Stall. 
Ihre Autonomie stellt aber in gewissermaßen ein Problem dar; in gewissermaßen, aber nicht direkt. Wie das? Ganz einfach: Dadurch ihr Eigentumsverhältnis nicht eindeutig geklärt ist (könnten Katzen sprechen, behaupteten sie wahrscheinlich auch, dass Eigentumsverhältnisse ebenfalls bourgeois und entsprechend überholt sind), gestaltet es sich scheinbar auch für viele Katzenbesitzer schwer, ihre Katzen kastrieren zu lassen. Das hat Folgen: Katzen verbreiten sich ungehindert, ihre Population lässt sich kaum einschränken. Vonseiten der Katzenbesitzer wirkkt das entsprechend nicht grundlos verantwortungslos, da eine ungehinderte Katzenpopulation zum Problem wird. Denn Katzen sind Jagdtiere, das Jagen von Kleinstlebewesen wie Vögeln oder Mäusen und Ratten ist für sie ein Zeitvertreib, der aber seine Spuren hinterlässt. Einerseits finden sich dadurch halb zerfressene Tierkadaver, andere Tierpopulationen lassen sich auf diese Weise schwerlich erhalten, wenngleich durch das Reißen durch Katzen auch keine mehrheitliche Gefährdung ausgeht; dennoch ist es ein kritischer Punkt, der beachtet werden muss. Oder tun sie es doch; gefährden sie womöglich doch die Artenvielfalt maßgeblich? Die Naturschutzorganisation «NABU» hat sich hierzu schriftlich geäußert und Zahlen geliefert, wie viele einzelne Tiere Katzen jährlich reißen (kleiner Ausreißer: Es ist wahrscheinlich weitaus schwieriger, die Mordrate einer Tätergattung festzustellen, die man dank ihrer unsichtbaren Vermehrung wahrscheinlich noch schwerer feststellen kann als die Anzahl von tätlichen Angriffen durch registrierte Täter), wobei die Zahl auch eher eine Schätzung ist, aber zumindest ist sie vor allem ein Anhaltspunkt: Die Rede ist von knapp 200 Millionen Tieren in Deutschland. Eine beachtliche Menge, durchaus, wenn man bedenkt, dass Raubtiere nicht länger die einzigen Feinde sind für einige Tierarten; der Mensch, so auch Jäger, machen ihnen ebenso zu schaffen wie auch die Luftverschmutzung, auch wenn der NABU selbst ebenfalls die uneingeschränkte Glaubwürdigkeit der 200 Millionen Tiere anzweifelt. An der Situation generell ändert es nichts. 
Nimmt man diese Argumentation war, wirkt es fast so, als ob die Vögel generell vom Aussterben bedroht seien. Das aber stimmt nicht, wie man auch dem Artikel entnehmen kann: 
Tatsächlich steigen die Vogelbestände dort aber eher an, während sie vor allem in der Agrarlandschaft, aber auch im Wald eher abnehmen.
Wie man aber liest, geht es hier um bloße Populationen, und nicht um die Vielfalt. Zwei Dinge müssen also gesagt werden: Einerseits kann man den Katzen nicht vorwerfen, für ein Aussterben zu sorgen, sie sind dafür nicht verantwortlich zu machen, wenn der Trend doch in eine andere Richtung als vermutet geht . Gleichzeitig muss man eben aber sagen, dass, selbst wenn die Vögel keine Populationen dezimieren, womöglich aber mitverantwortlich zu machen sind, dass die Vielfalt zurückgeht. Mitverantwortlich eben weil es keiner Entwicklung in der Diversität zuträglich ist, wenn noch ein weiterer Grund für das Aussterben obenauf sitzt. Bedeutet: Die Vögel waren bereits durch die Rodung ihrer Lebensräume gefährdet, und zu allem Überfluss traten auch noch die Katzen zu, indem sie die verbliebenen Vögel rissen. Das Ganze muss sich also unter Kontrolle bringen lassen, eben durch eine weitestgehende Kastration der Kater und der Registrierung aller im Besitz stehenden Tiere. Es darf keine Begründung für eine nicht-Registrierung vorangestellt werden, wenn es darum geht, dem Tierschutz entgegenzukommen. Letztlich müssen Katzen auch versteuert werden wie Hunde; auf diese Weise ließe sich vielleicht auch die Attraktivität eindämmen, sodass die Population auch hierdurch stärker kontrolliert werden kann. Die Bureaukratie wird dadurch auch garantiert nicht schlagartig überhand nehmen, bei anderen Tieren beschwert sich auch niemand. 


VI. Homo hominem lupus est

Das letzte Kapitel in diesem Text befasst sich noch einmal mit dem Wolf befassen, also mit dem canis lupus. Im Namen steckt unter anderem auch das Wort canis drin, was Lateinisch ist und Hund bedeutet. Erst das darauffolgende Attribut lupus bezeichnet das eigentliche Tier, von dem die Rede ist -- den Wolf --, und belegt obendrein die eigentliche Abstammung des domestizierten Haustieres, welches ja letztlich vom Wolf abstammte. Schon seit frühester Vorzeit fanden sich Belege davon, dass der Mensch den Wolf zähmte, damit dieser ihm bei der Jagd unterstützten konnte, und auch als Wachtier diente. Es erwuchs daraus eine ewig währende Freundschaft zwischen beiden. Entsprechend fragwürdig erscheint da die Angst mancher Menschen vor Wölfen, wo doch allgemein bekannt ist, dass der eine mehr Angst vor dem anderen hat, der Wolf mehr vor dem Menschen. Entsprechend selten hört man von tatsächlichen Übergriffen von Wölfen auf Menschen, häufiger eben von Jägern, die Wölfe schossen, sei es aus Gründen der Balance zwischen Wölfen und ihren Beutetieren, oder weil Schäfer und Bauern von Rissen berichteten, die ihre Tierbestände gefährdeten. Das kursiv gesetzte Wort ist aber bei der Debatte von hoher Wichtigkeit, da der Wolf infolge seiner langsamen aber stetigen Rückkehr wieder ins Rampenlicht gerückt ist, insbesondere in deutschen Bundesländern. Dort haben CDU und die Boulevardpresse Stimmung gegen den Wolf gemacht, der Schalk im Nacken so manches wirklichen Tierschützers zog gar Vergleiche zur Flüchtlingsdebatte, mit dem Wolf als den neuen Messermann (Im «BildBlog» wies man ausführlich darauf hin, inwieweit Boulevardblätter wie die BILD vor allem Stimmung gegen den Wolf machte). 
Einmal klang es auch schon in diesem Beitrag des BildBlogs an -- mancher Wolfsbiss, der geradezu in der Luft zerrissen und ohne Zögern instrumentalisiert wird, ist dabei durch Hunde geschehen (mit Blick nach oben kann man sich auch denken, von wie wenigen Bissen dabei die Rede sein dürfte). Doch wie viele Übergriffe gibt es in Deutschland eigentlich, bei welchen Wölfe Menschen angriffen? Wie auch schon zuvor fehlt es hierbei wieder einmal an verlässlichen Zahlen, was insbesondere die emotional geführte Debatte anheizt. Es liegt aber auch an der Seltenheit, in der Wölfe Menschen angreifen, geschweige denn töten. Wölfe haben Angst vor Menschen -- das ist ein Faktum, welches jede fachkundige Person beweisen kann. Wer aber keine solche Person kennt, kann den Informationstext der «Wolf Conservation Association» (WCA) lesen. Ansonsten bleibt nur zu sagen: Es tritt sehr selten auf. Geht man neben dem Text der WCA noch von Informationen, welche der «MDR» recherchierte, aus, so darf man sich wundern: Seit den 1950ern gab es lediglich 59 erfasste Übergriffe von Wölfen gegen Menschen. Das wäre im Jahre 2019 nicht einmal ein erfasster Fall pro Jahr konsekutiv. Wieso also der Terz gegen den Wolf? Derartig viel Unterstützung wünschten sich die Bauern und Schäfer garantiert gern, sähen sie sich an, wie sehr man ihre Schafe schützen möchte, ansonsten trete man ihnen wohl eher mit Ablehnung entgegen. Insgesamt ist es aber vor allem starke Panikmache, ein Fass ohne Boden; ähnlich kennt man es aber auch vom Zuspruch für die AfD: In Sachsen leben faktisch keine Flüchtlinge, keinerlei Ausländer, und dennoch hetzt man gegen diese nahezu imaginären Gegner, warnt vor einer Überfremdung. Man müsste sich fragen, wie viele Freitaler, Görlitzer und Chemnitzer wöchentlich nach Berlin, Frankfurt/Main oder in sonstige westdeutsche Städte reisen, um mit anzusehen, wie immer mehr nicht-kaukasische Menschen ihr Unwesen treiben, damit sie begründeterweise für eine solch xenophobe Partei stimmen können. So wirkt diese Angst zumindest überhoben, wie die Angst vor einem drohenden Unheil, welches so lange auf sich warten lässt wie Samuel Becketts Godot (wer sich darüber versichern will, kann sich diese Infografik der «FAZ» anschauen). 
Die Bundesregierung -- bestehend aus CDU und SPD, genannt GroKo (schelmische Kritiker fügen dieser Abkürzung gerne noch ein Haram hinzu, der Grund dürfte selbsterklärend sein) -- hat bereits einen Gesetzesentwurf zum erleichterten Abschuss von einzelnen Wölfen bis zu ganzen Rudeln durchgebracht, beide Parteiverantwortlichen -- Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) konnten sich auf eine gemeinsame Formulierung dafür einigen (und berichtet hat darüber der «NDR»). Zurecht hat dieser neue Gesetzesentwurf auch für harsche Kritik vonseiten des Volkes gesorgt, da die Lockerung die Rechte der Tiere zutiefst untergräbt. Beispielsweise wird den Schäfern und Bauern, deren Tiere gerissen wurden, erlaubt, dass sie ein ganzes Rudel schießen dürfen, wenn nicht klar ist, welcher Wolf tatsächlich für den Mord erlaubt ist; genau das war zuvor auch angesprochen, jedoch ohne jegliche Erläuterung, was es damit auf sich hat. Liest man den Bericht, fällt einem auch noch auf, dass das noch nicht einmal die schlimmste Fassung war: Frau Klöckner wollte Wölfe gar schießen lassen können, bevor sie überhaupt etwas getan hatten. Man sieht dadurch auch, dass man versucht, sich dem Populismus in jedweder Hinsicht hinzugeben, anstatt die Aufklärung über den Wolf in den Vordergrund zu stellen und mit Mythen um ihn aufzuräumen. Eine solche Herangehensweise an Probleme ist aber falsch und sorgt nur für ein weiteres Aussterben der Diversität, allein aufgrund von Ressentiments und unbändigem Hass. Derartige Fälle sind es, die einerseits erklären, warum SPD und CDU allein nur noch bei Senioren ab fünfzig/sechzig und höher punkten kann, neben den sogenannten Wutbürgern, also Rechtsextremisten und -populisten. Wähler, die jünger als fünfzig sind, tendieren nicht grundlos und nicht (allein) aufgrund des Mainstreams dazu, Parteien wie die Grünen zu wählen, auch wenn ein Grüner aus Schleswig-Holstein, Jan Philipp Albrecht, sich positiv dafür aussprach, wenn auch aus anderen Gründen. Umso verhöhnender wirkt es da, dass Frau Schulze noch davon sprach, dass der Wolf trotz alledem auch weiterhin eine geschützte Tierart bliebe; wie sollte man diesen Punkt schließlich verteidigen, wenn man im nächsten Atemzug bezeugt, dass der Abschuss erheblich erleichtert wird? Es passe nicht aufeinander, kontradiktiere einander. 
All der Kritik gegen diesen Gesetzesentwurf muss selbstverständlich aber auch eine Frage gegen die Kritik erhoben werden: Was wäre die Alternative dazu? Wie sollte man das Nutztier vor dem Wolf schützen, wenn nicht durch die Elimination von reißenden Tieren? Es wäre arrogant, den Bauern vorzuwerfen, ihre Tiere nicht genügend geschützt zu haben, und der Fehler bei ihnen zu suchen wäre. Der BUND tat das dem Bericht zufolge nichtsdestotrotz. An sich ginge wohl auch kein Weg daran vorbei, dass Betroffene stärker vorsorgen müssen, dem Wolf könnte man schließlich auch nicht im Wald einsperren, das hätte eine Folge, wie es sie auch auf geopolitischer Ebene überall auf der Welt hatte, wenn sich eine dritte Partei dazu ermächtige, willkürlich Grenzpfosten zu installieren, um Territorien abzustecken wie auf einem Spielfeld. 
Was aber sagen Fachleute zu solchen Themen? Was lässt sich suggerieren? Beispielsweise Elektrozäune, wie schon Koppeln und Weiden für Pferde üblich, nachzulesen aus einem Bericht im «Landwirtschaftlichen Wochenblatt» aus dem Jahre 2015. Elektrozäune wären auch durchaus eine brauchbare Idee: Wölfe kämen nicht mehr zu den Tieren durch, blieben aber körperlich verschont. Zu glauben, dass es rechtens wäre, Tiere zu erschießen, weil sie ihrem natürlichen Jagdtrieb folgten, auf welchen sie noch immer angewiesen sind, solange man sie nicht bereits in einem Zoo internierte, wäre hanebüchen und schlicht egoistisch. Der Mensch unterjocht die Umwelt, welche ihn einst der Lebensraum war, und erlegt jene, die es ihm nicht gleichtun. Er muss sich also entscheiden: Will er dem Umweltschutz eine Chance geben, muss er auch auf Biodiversität setzen, sie ist essentiell für ihn. Von der CDU war dergleichen aber ohnehin noch nie zu hören. Und unter ihr wird es dergleichen nicht geben, genauso wie die Spionage unter Freunden. Obwohl... Diese gab es durchaus. 
Das Problem ist bei aller Missachtung für solche Gesetzesvorlagen, dass sie, schenkt man empirischen Studien seinen Glauben, durchaus Anhänger an den richtigen Stellen finden, wie auch bereits einige Zeilen zuvor anklang: Laut einer Civey-Umfage für «t-online» haben bis zu 80 Prozent der Befragten Vorbehalte gegen Wölfe. Der Wert ist erschreckend hoch, zeigt aber, wie viele Auswirkungen Panikmache haben kann. Der Wolf verbreitete sich zur Zeit der Umfrage erst langsam wieder, eigentlich ein Erfolg für den Umweltschutz und die Biodiversität, die so dringend gebraucht wird. Dann gab es einen angeblichen Wolfsbiss, der sich später als Hundebiss herausstellte, und schon ging die Angst um, als ob ein Serienmörder durch das Land marodiere. Auf diese Weise konnte schließlich die GroKo einen Teilerfolg erzielen, der die Europawahl dennoch nicht für sie retten konnte. Und dennoch: Der Populismus obsiegte, und der Wolf wurde zum Freiwild erklärt. Ein Armutszeugnis für eine eigentlich so fortschrittliche Nation, die fernab von den Ländern liegt, die tatsächlich mit Wolfsproblemen zu kämpfen haben. 


VII. Fazit

Es gestaltet sich schwierig in jeder Hinsicht: Einerseits fehlt es an Zahlen, hinten wie vorne, und der Populismus bricht sich Bahn wie in keinem anderem Thema. Wollte man hier Fortschritte erzielen, müsse man zunächst einmal die Gesetzgeber und verantwortlichen Abgeordneten radikal austauschen. Populisten halten das Zepter in der Hand, und darin liegt der grundsätzliche Fehler, sie machen auf dem Rücken der Tiere Politik für den Plebs; man predigt beim einem Thema die Gerechtigkeit und den gesunden Menschenverstand, während man bei solchen Themen, die eine dritte Partei involvieren, Panikmache betreibt und schießwütig mit dem Schwert richtet. Während das erstgenannte Thema eher eine Randerscheinung für Herzblattgeschichten ist, ist das andere Thema insbesondere für den Osten und Norden Deutschlands ein besonders heißes Eisen. Gleichzeitig kann man bei keinem anderen Thema so gut den menschlichen Egoismus ausmachen, außerhalb der größeren Sphären der Innen (und Außen-)politik: Zuerst kommt das Fressen (und Schießen, Ausschließen), dann die Moral. Oder, um es mit den Worten eines Christian Lindner zu sprechen: Handeln First. Bedenken Second. Man kann sich nicht von den Waffengesetzen der USA distanzieren und sie verurteilen, wenn man mit Hunden und Wölfen genauso unüberlegt und engstirnig handelt. 

Kommentare bitte hierunter posten: https://t.me/Rationalpolitik/39


Nachtrag: 

Vor Kurzem wurde eine neue Studie veröffentlicht, in welcher belegt werden konnte, dass die Klassifikation von Hunden in „Kampfhunde” arbiträr und darum widersinnig ist. Letzthin werden damit auch Erfahrungen von Hundehalterinnen und -haltern bestätigt, welche belegen können, dass sogenannte „Kampfhunde” nicht beißwütiger sind als andere Hunde. Exemplarisch steht dafür auch weiterhin die zuvor geäußerte Tatsache, dass Schäferhunde weiterhin kaum bis gar nicht auf irgendeiner solchen Liste stehen, obwohl es durchaus genügend Fälle von Bissen gäbe, die es erlaubten. Dennoch genießt er die diskontierte Situation, nicht indiziert zu sein. 
Link zur Studie:
Morrill, K., Hekman, J., Li, X., McClure, J., Logan, B., Goodman, L., Gao, M., Dong, Y., Alonso, M., Carmichael, E., Snyder-Mackler, N., Alonso, J., Noh, H. J., Johnson, J., Koltookian, M., Lieu, C., Megquier, K., Swofford, R., Turner-Maier, J., … Karlsson, E. K. (2022). Ancestry-inclusive dog genomics challenges popular breed stereotypes. Science (New York, N.Y.), 376(6592), eabk0639. https://doi.org/10.1126/science.abk0639 

Schon Jahre davor, im Jahre 2019, konnte von Wiener Veterinärmedizinerinnen und -medizinern festgestellt werden, dass es von der Sozialisierung des Hundes, nicht der Rasse, abhängt, ob er ein aggresiveres Verhalten aufweist als seine Konterparts. Dazu kann hierunter mehr nachgelesen werden: 

 Arhant, C., Beetz, A. M., & Troxler, J. (2017). Caregiver reports of interactions between children up to 6 years and their family dog—implications for dog bite prevention. Frontiers in veterinary science, 4, 130. DOI: https://doi.org/10.3389/fvets.2017.00130

 Es ist und bleibt also injustiziabel und widerspricht aller Vernunft, Hunde aufgrund ihrer Rasse als grundsätzlich gefährlicher einzustufen als andere; Pitbulls als gefährlicher als Schäferhunde einzustufen, oder Bulldoggen als gefährlicher als Border Collies. Es gibt keine wissenschaftliche Begründungen für solche Indices. 

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