Wort zum Montag, 2019, KW 43

Wort zum Montag, den 28. Oktober 2019

In dieser Woche trug es den Bauernprotest auch nach Deutschland – mit wenig Pomp und viel Getöse (ähnliche Bilder gab es zuvor bereits aus den Niederlanden) zogen zehntausende Landwirte mit ihren Traktoren, auf welche sie in Teilen auch markige Reime montierten, in welchem sie ihrem Unmut Raum schufen, in Richtung Bonn, um gegen das von der Bundesregierung verabschiedete Agrarpaket zu protestieren. Sie fühlen sich übergangen und mit Auflagen überschüttet, welche vor allem ihrem Geschäft schadeten und sie partiell sogar in existentielle Krisen stürzte. Man warf der Bundesregierung vor, Kleinbetriebe zu gefährden, in Teilen erschien der Protest wie Friday's For Future, auch eben, weil vor allem linksliberale Umweltschützer die Bauern kritisierten.


Anmerkung des Autors: Dieses eigentliche Wort zum Sonntag wurde einen Tag später als geplant veröffentlicht, da es aufgrund persönlicher Verzögerungen nicht rechtzeitig zu Ende verfasst werden konnte. Da in diesem Blog trotz geringer Frequenz gewisse Qualitätsstandards gelten sollen, wurden keinerlei Abstriche getätigt, sodass die Manufaktur des Textes sich nach hinten verschob und das Schlusswort schließlich am Montag geschrieben werden musste. Ich bitte diese Verzögerung zu entschuldigen, es soll nach Möglichkeit nicht wieder vorkommen. 


Wer ist schuld?

Warum aber mit Friday's For Future, und weswegen genau wegen der Kritik an ihnen von dieser Seite? Es gibt durchaus Relationen, darum: Beide Seiten sprechen von der Ignoranz der Politiker, insbesondere in der Regierung, und dass diese Ignoranz ihre Zukunft gefährdet; bei FFF jedermanns Zukunft, bei Bauern in erster Linie die der Landwirte und erst danach wieder jedermanns, da es sie sind, die das täglich Brot auf den Tisch bringen. Ohne sie stünden uns praktisch keine verarbeiteten und produzierten Lebensmittel zur Verfügung, notfalls müssten wir sie selbst anbauen, sofern uns die nötigen Mittel dafür zur Verfügung stehen. In der Regel hat man dafür aber entweder wenig Zeit, wenig Expertise, oder einfach wenig Interesse. Über kurz oder lang sind wir also mehrheitlich auf sie angewiesen. Andererseits sind Bauern aber auch auf uns Konsumenten angewiesen, mindestens in zweiter Instanz: In erster Instanz sind sie auf Großhändler angewiesen, welche ihnen ihre Güter abnehmen und sie anschließend an uns Konsumenten weiterverkaufen. Bauern erhalten aus den Verkäufen prozentuale Provisionen, wenn man es so nennen wollte. Wenn überhaupt gehen nur vergleichsweise wenige Erzeugnisse über den Direktverkauf in Hofläden oder auf Wochenmärkten über den Tisch. 
Das Problem ist nur, und hieran setzt schließlich der Protest auf beiden Seiten an, die Art und Weise, wie die Produkte erzeugt werden. Das Agrarpaket (PDF), wie es im Volksmund allgemein genannt wird, und eigentlich „Aktionsprogramm Insektenschutz der Bundesregierung” heißt, dient vor allem den Schutz von Bestäubern, welche, wie jeder, der im Biologieunterricht in der Schule aufgepasst hat, eine wichtige Rolle in der Pflanzententwicklung spielen, da sie Pollen von A nach B transportieren und dabei den Zyklus der Pflanzen praktisch fortsetzen. Ohne Bestäuber würden Pflanzen letztlich aussterben, da sie sich nicht fortpflanzen könnten; die Alternative wäre, wie es in China bereits praktiziert wird, die Pflanzen von Menschenhand zu bestäuben, sodass sie sich fortentwickeln können in ihrem natürlichen Prozess. Man sieht also: Sie schützen zu wollen ist durchaus sinnvoll, und kommt auch den Bauern selbst zugute. Bevor wir aber fortfahren, sollten wir einmal zusammenfassen, was das Agrarpaket in seinen knapp 66 Seiten eigentlich so vorsieht. Folgendes sieht es nämlich vor: 
  • Man stimmt insgesamt zu, dass der Grund für den starken Rückgang an Insektenpopulationen komplex ist und nicht allein auf einzelne Verursache beschränkt. Den Bauern kommt also keine alleinige Schuld zu, sodass sie auch nicht die einzigen wären, welche betroffen wären durch Prohibitionen und Einschränkungen von legislativer Seite. 
  • Man möchte den Einsatz von Insektiziden und Pestiziden auf ein für Insekten verträgliches Maß reduzieren. Bona note: Die Rede ist dabei von Insekten, die der Flora nutzen, und nicht den Beständen schaden. 
  • In Zusammenarbeit mit der Land- und Forstwirtschaft möchte man der Entwicklung in Richtung des Verlusts von Brachflächen und sonstigen Lebensräumen von Insekten Einhalt gebieten, es soll wieder mehr Raum exakt dafür geschaffen werden
  • Ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft möchte die Große Koalition die Zukunft der Agrarwirtschaft gestalten; so zumindest liest es sich, wenn sie die Agrarwirtschaft dergestalt umdisponieren möchte, dass sie nicht nur dem Klimawandel angepasst ist, sondern auch mehr gesellschaftliche Akzeptanz erfahren soll, was in dieser Form ein zugegebenermaßen ungewöhnliches Ziel ist. Vielmehr möchte man auch die Digitalisierung in der Landwirtschaft im Sinne des Schutzes der Biodiversität vorantreiben. 
  • 20 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche soll nach Prinzipien des Ökolandbaus genutzt werden, die Deadline läuft dabei bis 2030. 
  • Die Bundesregierung möchte ab 2020 Mittel zur Verfügung stellen, um Wälder künftig insektenfreundlicher zu erhalten und möchte obendrein Gewässer als Lebensräume stärker schützen (trifft zu auf Gewässerrandstreifen, Auen und einfachen Gewässern).
  • Die Bundesregierung möchte den Insektenschutz 2020 im „Aktionsplan Schutzgebiete” integrieren. 
  • Ab 2021 wird es in ausgewählten Gebieten – jenen mit besonderer Schutzbedürftigkeit – Verbote für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln geben. Zu diesen Gebieten gehören unter anderem  „FFH-Gebiete, Naturschutzgebiete, Nationalparks, Nationalen Naturmonumenten, Naturdenkmälern und gesetzlich geschützten Biotopen im Sinne des § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes.” (S. 32)
  • Die bundeseigenen Liegenschaften sollen ab 2020 frei von jeglichen Herbiziden, Pestiziden und Insektiziden sein, sofern derartige Maßnahmen nicht unbedingt notwendig sind, aus welchen Gründen auch immer dem so sein sollte. 
  • Die Düngeregeln sollen verschärft werden. Beispielsweise werden hierfür die Entfernungen des Einsatzes von Düngemitteln zu Gewässern, die durch den Einsatz geschädigt werden könnten, verdoppelt werden, von fünf auf zehn Meter. Besonders stark mit Nitrat belastete Gegenden sollen in ihrer Belastung um mindestens 20 Prozent reduziert werden. 
  • Stickstoffemissionen, von denen allein zwei Drittel laut dem Plan von der Landwirtschaft ausgehen, sollen drastisch reduziert werden. 
  • Lichtverschmutzung soll eingedämmt werden, um nachtaktive Insekten zu schützen, beispielsweise vor Verhungerung durch Licht als Lockmittel, oder vor Fressfeinden, welche künstliche Lichquellen als Lockmittel für Nahrung nutzen können 
  • Insektenfreundliche Beleuchtungsmethoden sollen durch die gezielte Förderung für Länder und Kommunen forciert werden (wie auch immer man sie sich vorzustellen hat, aus dem Text selbst geht es nicht genauer hervor).
  • Es soll bis Ende diesen Jahres noch ein Insektenmonitoring stattfinden, mit welchem die Bestände und ihre Entwicklung erfasst werden sollen, um im darauffolgenden Jahr die Forschung zum Insektenschutz zu fördern und zu verstärken. 
  • Die Bundesregierung möchte den Naturschutz nicht nur in eigenen Landen subventionieren und forcieren, sondern auch auf Ebene der Europäischen Union, sodass dieselben Maßnahmen auch dort angetrieben werden sollen. 
Das wären mehr oder weniger die wichtigsten Punkte, welche aus diesem Programm hervogehen. Natürlich sind das beileibe nicht alle Punkte, diese kleine Selektion ist geradezu populistisch heruntergebrochen, sodass nur empfohlen werden kann, den Text noch einmal selbst genauer zu lesen. Mir ging es allein darum, einen groben Überblick darüber zu erhalten, was darin eigentlich steht, was also die Bundesregierung genau vorsah. Es ist natürlich auch ein Text, der unter gewaltigem Druck der linksliberalen Jugend entstand, welche es sich auf die Fahnen schrieb, freitags die Klassensäle zu meiden und stattdessen auf die Straße zu gehen, um zu protestieren, damit die Regierungen aller Länder endlich etwas für den Klimaschutz zu tun, um den Planeten vor seinem Verderben zu schützen. Man sieht also in erster Linie, dass der Plan aus zwei Grundpfeilern besteht: Höhere Ausgaben für den Umweltschutz einerseits, und ein kleines Set an Regularien andererseits. Woran sich Bauern stören, sind aber garantiert nicht die Mehrausgaben und die helfenden Hände, welche bei der Umstellung des eigenen Betriebs helfen sollen, wie man sich denken kann. 
Das Problem mit Regularien und was sie bewirken, dürfte vielen staatskritischen Linksradikalen und so ziemlich allen Rechtsliberalen/Libertären bekannt sein Sie können enthusiastische Entrepreneure, Selbstständige (auch im journalistischen Bereich) in die Knie zwingen und jegliche Energie heraussaugen, wie ein megalomanischer Moloch. Folglich: Es gibt nichts Gefährlicheres für die Kreativität, Innovationen und wirtschaftliches Wohlsein als negative Regulierungen, insbesondere eine negative Regulierungsquantität. Man kennt es, der alte Konflikt zwischen Autoritären und Antiëtatisten. Wir wollen aber nicht noch tiefer in diese altbackene, themenfremde Angelegenheit sprechen, dafür ist anderswo mehr Platz. Hier geht es darum, wie Regulierungen in der Agrarwirtschaft zu den Bauern selbst stehen. Während der Proteste konnte man sehen, dass die Berge nicht zum Propheten kommen wollten, die Bauern wollten nicht den Regularien entgegenkommen, oder dem Naturschutz, um genauer zu sein. Und weil Bauern nicht von sich aus striktere Naturschutzbestimmungen einhalten. Darum muss der Staat eingreifen und diese Bestimmungen durchsetzen, per Gesetz. Hierbei tritt ein weiteres Problem auf, welches man häufig mit dem Staat hat: Die Fremde zu den einfachen Menschen und dem Arbeitsmarkt, insbesondere dem Mittelstand (welchen beispielsweise der Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zu stärken versucht), was zu erheblichen Einschränkungen und Schädigungen des Letzteren führt, beziehungsweise führen kann. Ein Staat kann eben nur so gut regulieren, wie er das, was er regulieren möchte, versteht; es ist genauso wie mit dem/r Facharbeiter/in, der/die die ihm/r aufgetragene Arbeit nur so gut ausführen kann, wie er oder sie sie auch versteht. Versteht sich von selbst, oder? Selbstredend. 
Das ist aber genau der Grund, auf welchem der Protest der Bauern fußte: Man wirft der Bundesregierung durch die Ähre hindurch Weltfremdheit vor, und die Zerstörung der kleineren, inhabergeführten Agrarbetriebe vor, mittels Regulierungen. Schauen wir uns einmal noch einmal die aufgeführten Punkte an, wären Bauern durch einige Punkte eminent betroffen: Weniger Insektizide, weniger Pestizide, weniger Nitrat auf den Feldern; mehr Fläche soll den Insekten und Tieren wieder zugutekommen (betrifft nicht allein Insekten sondern beispielsweise auch Feldhasen, Rebhühner, etc.). Allein das kann den Agrarbetrieben bereits immens schaden, da weniger Fläche auch weniger Erträge bedeutet, und die Verringerung des Einsatzes von Insektiziden und Pestiziden bedeutet ebenfalls Einbußen auf der verbliebenen Fläche. Entsprechend ist es verständlich, wenn die Bauern resignieren, sich dieses Aktionsprogramm anfühlt wie ein regelrechter Schlag ins Gesicht. Da hilft es auch wenig, wenn ausgerechnet die Bundesregierung verspricht, den Bauern bei der Umstellung auf mehr Umweltschutz unter die Arme zu greifen. Genauso gut hätte sie ihnen wahrscheinlich auch den Mittelfinger zeigen können. Ein Blick auf den BER genügt, um zu zeigen, wie hilfreich diese Unterstützung sein kann, auch wenn wir hierbei von der Agrarwirtschaft sprechen, und nicht von irgendeinem fehlgeschlagenen Bauprojekt. Hier soll praktisch etwas anderes fehlschlagen. 
Doch Spaß um die Ecke, wie stehen die Aussichten bislang? Dafür eignet es sich, zunächst zu schauen, ob es irgendwelche Zahlen gibt, die uns vors Auge führen, wie tragend Insekten- und Pflanzengifte in der Landwirtschaft genau sind. Tatsächlich gibt es ein paar Zahlen: Obgleich es erwiesenermaßen¹ bekannt ist, dass Pflanzenschutzmittel für den Rückgang von Bienen und anderen Insekten verantwortlich sind, dürfen all jene Pflanzenschutzmittel, deren Umweltauswirkungen geprüft sind, auf die Felder ausgebracht werden. Geschätzt wird, dass der jährliche Absatz von solchen Giften ca. 30.000 Tonnen beträgt. Schadet das dem Umsatz? Die Frage wäre sinnvoll zu stellen, schließlich schwimmen Bauern nicht gerade im Geld. Ansatzpunkte, wonach man recherchieren kann, liegen nahe, immerhin hat die EU erst im vergangenen Jahr drei bienenschädliche Insektizide verbieten lassen, woraufhin mindestens zwei Konzerne, die solche Mittel vertrieben, ihren Unmut ausdrückten. Nicht verwunderlich, logisch, und dennoch gibt es genügend Bauern, die sich offen gegen solche Maßnahmen aussprachen, was ihnen den Ruf einbrachte, doch eindeutig von solchen Konzernen finanziert zu sein. Ironischerweise kam dieser Vorwurf ausgerechnet von solchen jungen Linksliberalen, denen man während der Proteste gegen Artikel 11 und 13 einen ähnlichen Vorwurf machte, sie seien doch alle von den digitalen Großkonzernen wie Google bezahlt worden, um auf Demonstrationen zu erscheinen. 
Zurück aber zum Thema: Recherchiert man nach Insektengiften in der Landwirtschaft, stößt man alle Meile lang auf einen Ausdruck für einen Wirkstoff, der vor allem eingesetzt wurde, bis man ihn schließlich verbot: Neonicotinoide. Er war einer der gebräuchlichsten, bis man ihn schließlich vom Markt nahm, aus guten Gründen, welche nach einer Auswertung von 800 Studien extrahierte. Der Grund lautete, kurz gesagt: Viele Kollateralschäden für wenig Nutzen. Besser ausgedrückt wird es dagegen vom Initiator dieser langjährigen Auswertung, Dave Goulson, Biologieprofessor an der University of Sussex. Im Deutschlandfunk (2014) wird er dazu folgendermaßen zitiert: 

„Es sieht so aus, als sei der Einfluss dieser Mittel auf die Umwelt viel größer als bisher angenommen. Bisher hat man vor allem den Einfluss auf Honigbienen beachtet, weil Imker die ersten waren, die feststellten, dass ihre Völker starben. Aus all den Studien aber kommen wir zu der Erkenntnis, dass die Geschichte tatsächlich noch größer ist: Diese Pestizide reichern sich im Boden an, sickern in die Flüsse und verschmutzen die Kulturlandschaft, sodass alle Insekten, die dort leben, ihnen ausgesetzt sind. Auch Tiere, die Insekten fressen, bekommen die Auswirkungen zu spüren, weil ihr Nahrungsangebot verschwindet.“
 Man sieht also, die Auswirkungen klingen ein wenig wie die des Nitrats, ohne das daraus resultierende Massensterben. Vor allem ist es aber auch eine Ohrfeige für diejenigen, die sagen, dass man erst einmal recherchieren soll, was eigentlich Pestizide sind, beziehungsweise Insektizide, und dass ja alles gar nicht so schlimm sei. Wohlgemerkt sind diese Auswirkungen lediglich in jenen drei Giftstoffen nachgewiesen worden, die eben diesen Schlüsselstoff enthielten, welcher diese Konsequenzen hervorbrachte. Schenkt man der Aussage des Umweltbundesamtes Glauben, dass diejenigen 818 Mittel, die derzeit unter ihren nahezu doppelt so vielen Handelsnamen kursieren, zumindest für Honigbienen, Wildbienen, etc., an sich unschädlich sind für sie, sondern nur für diejenigen Insekten, die es auch treffen soll. Wäre dem aber so, müsste man davon ausgehen, dass der ganze Aufruhr völlig am eigentlichen Problem vorbeiliefe, und eigentliche Probleme – bekannt ist unter anderem noch das Problem der Varroamilbe, welche sich in Bienenstöcken ansiedelt und dadurch Völker ausrottet – ungeschoren davonkämen. 
(Image by Franz W. from Pixabay)

Ist dem also so? Es ist schwierig, auf Google danach zu recherchieren, da durch das Urteil der EU zuallererst Berichte zum Verbot von Neonicotinoiden auftauchen. Auch Artikel zur Frage, ob Insektizide Bienen schaden, behandeln überwiegend diesen Stoff, ungeachtet aller weiteren, obgleich es doch noch genügend andere Stoffe dieser Art gibt, die man ebenfalls als Laie unter die Lupe genommen wissen sollte, um sich breit und klar informieren zu können. So entsteht schlussendlich ein Informationsvakuum, welches nur zu gerne von Populisten gefüllt wird, welche auf diese Weise dem Fortschritt in Sachen Klimaschutz schaden wollen, weil sie die Gefahren entweder leugnen oder relativieren. Doch wer sucht, der findet, wie ein altes Sprichwort sagt, und so muss man nur ein wenig genauer lesen und schon stößt man auch auf Artikel, die einem bestätigen, dass Laboruntersuchungen zutage fördern konnten, dass auch Alternativen ähnlich gefährlich sein können, es mitunter auch sind. Man tut also gut daran, solche Insektizide zu meiden, ähnlich wie Fungizide und Pestizide. 

Wir konnten uns also versichern, dass es Alternativen nicht gegen gefährliche Gifte braucht, sondern generell gegen Gifte. Das ist leicht gesagt, wenn man nicht vom Fach ist, sondern anderswo arbeitet und nicht jeden Tag um die Ernte bangen muss. Wie oben beschrieben, das Verhältnis zwischen Staat und Arbeiter, und wie entfremdet sie zueinander sind. Den Staat kann man dabei auch nach Belieben mit dem (Groß)Stadtbewohner austauschen, da er sich ähnlich wie der Staat verhält, nur eben ohne die Wirkmacht, oder die Macht, zu regulieren, wie es ihm oder ihr beliebt. Das Problem ist, dass man nur selten versucht, sich mit den Betroffenen zusammenzusezten. Einfacher ist es, Wissenschaftler zu beauftragen, die bestimmte Sachverhalte untersuchen sollen, ihnen Ergebnisse zu liefern, und daraus Folgen zu schließen, die man sogleich in Gesetzesentwürfe ausarbeitet, die am Ende vom Bundesrat durchgewunken werden. – Um es einmal ganz kurz zu fassen. Der Punkt ist: Man muss sich in solchen Fällen auch mit jenen zusammensetzen und einen Kompromiss im Sinne beider Parteien ausmachen, und nicht oben einen Befehl erteilen und erwarten, dass er unten devot ausgeführt wird. Auf diese Weise macht man sich Feinde, die es nicht gebraucht hätte; vor allem Feinde im Innern behindern lediglich Prozesse, welche schnellstmöglich ausgeführt werden sollten. Als Staat, einem statistischen Gebilde, hat man es schon schwer genug, in einer dynamischen Gesellschaft zu überleben, sich argumentativ zu erhalten, um Zweifeln von Innen heraus entgegenzuwirken; entsprechend macht man es sich auch nicht leichter, wenn man auf diese Weise nur noch mehr Gründe gegen sich aufbringt. Auf diese Weise deradikalisiert man antistaatliches Gedankengut, und kann letztlich nur noch durch Gewalt durch die Exekutive das eigene Überleben sichern. Schlussendlich ist ein solch eigenwilliges, egozentrisches also dergestalt kontraproduktiv, dass man sich selbst dem Henker vorführt, ja sogar noch eigenhändig die Axt an der Halsschlagader ansetzt. 


Konventionell vs. Ökologischer Landbau

Das aber nur am Rande, wir wollen gar nicht weiter darüber sprechen. Vielmehr sollten wir nochmal auf die Kritik am Protest eingehen, da es dort auch einiges Unerhörtes zu hören gab (Wortspiel war mehr oder weniger unbeabsichtigt): Beispielswiese, wie bereits oben benannt, warf man ihnen (den Bauern) vor, dass sie von Pharmakonzernen wie Bayer, BASF oder wem auch immer finanziert seien, möglicherweise lag es auch an den lobbyistischen Aktivitäten des Deutschen Bauernverbandes (DBV), dem wohl größten und einem der stärksten Lobbyverbände in Deutschland, in erster Instanz aber die größte Interessenvertretung der deutschen Landwirtschaft. Obzwar solche Anschuldigungen zwar nicht auf tönernen Füßen stehen mögen, müssten sie dennoch erstmal bewiesen werden, ansonsten ist es nur populistische Stimmungsmache, die Gräben aufreißt, welche sich später nicht mehr schließen lassen. Das aber ist einem angemessenem gesellschaftlichen Diskurs unzuträglich, und wird den zuvor als unbedingt notwendig beschworenen Kompromiss unmöglich machen. Dem steht jedoch ein mörderisches Totschlagargument entgegen: Dass deutsche Bauern dem Umweltschutz mit Gleichgültigkeit gegenüberstünden und nur an sich dächten, nicht aber an den Planeten, den sie bewohnen, den sie bestellen. Das sitzt erstmal, und muss erstmal erwidern können. Jedoch kann man den selben Egoismus auch den Anklägern des deutschen Bauern vorwerfen: Mag sein, dass wir durch die konventionelle Landwirtschaft die Gesundheit des Planeten gefährden (dass aber kommt hierbei wahrscheinlich etwas unverantwortlich, doch ist es ein Muster, welches Totschlagargumente inhärent in sich tragen; auf diese Weise wird die Gegenseite im Kern geschwächt, sodass sie gar nicht weiter zu argumentieren versucht und der Anwender des Totschlagarguments einen Erfolg für sich verbuchen kann. Zwar haben Klimaschützer Recht, doch vernichten sie eben die Debatte, welche es braucht, um gemeinsam gegen den Klimawandel vorgehen zu können. Sie stehen allein an der Spitze, und brauchen doch alle, um ihren Erfolg fortzubilden), doch hat der Bauer bereits im Hier und Jetzt einiges zu verlieren: Muss er sein bisheriges Erfolgsmodell der konventionellen Landwirtschaft aufgeben zugunsten der urban-progressiven Linksliberalen, so schreitet er direkt in den Bankrott, in die Insolvenz seines Hofs, ein weiterer Hof sterbe aus. Dabei hat, laut Zahlen des DBV, in den letzten 100 Jahren die Anzahl an Höfen bereits rapide abgenommen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) beschwichtigt dabei ein wenig und verweist dabei auf die ebenfalls stattgefunden habende Entwicklung hin zu großen Landmaschinen, die die Arbeit vieler einzelner Arbeiter abgenommen haben,, sodass es bereits einmal weniger Leute in dieser Branche arbeiten müssen, und dass die Anzahl der Betriebe (wohlgemerkt: Betriebe!) zunahm, verweist dabei auf eigene Zahlen. Wie ich aber schrieb, sprechen sie nur von Betrieben. Man könnte jetzt meinen, dass entsprechend mehr inhabergeführte Betriebe aus den fruchtbaren Böden sprießen, und es gar nicht die großen, kommerziellen und übergroßen Agrarindustrien sind, die dabei diese Zahlen schaffen. Und das ist auch durchaus möglich, schaut man sich die beiden visualisierten Statistiken einmal an: Einerseits nehmen die konventionellen Betriebe quantitativ ab, dafür werden die verbliebenen immer größer; gleichzeitig nimmt die Anzahl an ökologischen Betrieben zu. Das heißt: Die konventionelle Landwirtschaft befindet sich auf einem absteigenden Ast (und sägt an diesem noch obendrein, bezogen insbesondere auf die Tierzucht in Mastbetrieben), währenddessen die Nachfrage nach umweltbewusster Ernährung die Anzahl an entsprechenden Betrieben beflügelt. Da möchte man sich, abseits der gängigen Berichterstattung, auch fragen, was genau den ökologischen Landbau vom konventionellen Unterscheidet. Glücklicherweise stellt das BMEL hierfür eine digitale Broschüre (PDF) bereit. Man kann darin beispielsweise lesen, dass nicht nur die Bauern selbst Vorgaben zu erfüllen haben, sondern auch die zuständigen Behörden, welche sicherstellen, dass die Betriebe, welche sich den ökologischen Landbau auf die Fahnen schrieben, es auch wirklich sind, und nicht nur eine weiße Weste nach außen hin haben, sodass sie bessere Konditionen erwirken können. Was man auf Seite 12 dieser Broschüre indes lesen kann, ist, dass in Deutschland für den ökologischen Landbau die Vorschriften der Europäischen Union gelten. Hier fände man also nicht unbedingt die Antwort auf die Frage, was diese Vorschriften sind. Dafür aber eben beim Onlineauftritt der EU; wenn man also wissen will, was man tun muss, um in Deutschland als Landwirt im ökologischen Landbau tätig und eingetragen zu sein, muss man einfach nur die kurzen 84 Seiten (PDF) der Verordnung in Doppelspalten lesen. Wer aber keine Zeit hat (oder zu faul ist, oder vielleicht etwas Interessanteres liest), diese 84 Seiten in Gänze zu lesen, kann auf das bedeutend kürzere, 55 Seiten (PDF) lange FAQ zu dieser Verordnung – 889/2008, wer es wissen möchte – zurückgreifen (der Humor des Europäischen Parlaments – so befremdlich wie der englische). Wer aber auch, aus wahrscheinlich denselben Gründen wie zuvor, keine Lust hat, auch diese 55 Seiten in Gänze zu lesen, kann einfach auf Seite 24 springen, und ab dort lesen, welche Fragen aufkommen könnten nach Studium des vollständigen Dokuments. In der Regel hilft es auch als Leiter durch das längere Dokument, da es interessante Anhaltspunkte hervorheben kann. 


Das Dilemma: Bureaukratie und Einnahmen

Scrollt man wiederum ein wenig durch das FAQ zur Verordnung zum ökologischen Landbau, könnte man ganz süffisant mit den Augen rollen und behaupten, dass hier einmal mehr der Amtsschimmel zugeschlagen hätte und den enthusiastischen Erzeugern dergestalt viele bürden aufgeladen hat, dass die Proteste mehr als gerechtfertigt sind. Und was soll man dazu sagen? Recht hätten diejenigen, die so sprächen; wenn man Zusätze in den Silagen einsetzen wolle, müsste man erstmal nachschlagen, welche erlaubt wären, wollte man nicht das Zertifikat einbüßen im Gegenzug. Andererseits muss man demgegenüber rechtfertigen: Das Siegel ökologischen Anbaus gibt es natürlich nicht pro bono; es müssen schon gewisse Vorschriften eingehalten werden, da mit die notwendigen Vorschriften eingehalten werden. Und die Entscheidung, ob man sich im konventionellen oder ökologischen Landbau verdingt. Auf der einen Seite stehen womögliche Mehreinnahmen und gesellschaftliches Ansehen, auf der anderen Seite weniger zusätzliche Maßnahmen, die man einhalten muss, um den Vorschriften der Lehnsherren gerecht zu werden. Ohnedies wäre es auch ein klein wenig übertrieben, trotz der gewissen Menge an Vorschriften, die die EU den Mitgliedsländern vorsetzt, von einem bureaukratischen Wahnsinn zu sprechen, auch wenn es sicher einige gibt, die das ernsthaft täten. Zwei Gründe sprechen dagegen: Die wenigsten Vorschriften unter allen sind tatsächlich sinnloser Mehraufwand, realer Irrsinn, die meisten tragen nicht nur die richtigen Intentionen, sondern ergeben auch in Anbetracht der Angelegenheit durchaus Sinn. Beispielsweise ergibt es Sinn, gewisse Zusatzstoffe, welche man Silagen zusetzen könnte, da manche unter ihnen chemischer Natur (ergo synthetisch, für die Erbsenzähler unter euch) sein könnten. Man sollte sich also nicht nur, sondern muss sogar gegen jede Eventualität gewappnet sein. Immerhin ist man dafür fair und listet eine ganze Elle an möglichen Zusätzen (Vitamine oder Spurenelemente), die auch zugelassen sind, und praktisch keine Notwendigkeit an synthetischen oder anderweitig schadhaften Alternativen erahnen lassen. Auch der darauffolgende Punkt, dass Jungtiere Milch ihrer Muttertiere zu sich nehmen sollten, und keine synthetischen Präparate, ergibt durchaus Sinn: Ökologischer Anbau, beziehungsweise eine artgerechte Aufzucht setzen entsprechende Maßnahmen voraus, dass die Tiere wie in freier Wildbahn (sofern man das so bei Kühen bezeichnen kann) aufwachsen, ohne irgendwelche Menschen, die dem zu ihren eigenen Gunsten in die Karten spielen. 

Abgesehen von all diesen Annahmen, dass die Regulierungen, obgleich üppig, an sich nicht übertrieben sind, muss man sich auch fragen, ob es Anreize gibt, sich um die Erfüllung dieser Regeln zu bemühen. Theoretisch würde man ja davon ausgehen, dass man als Bauer der ausgesprochen ökologischen Nische auch einen höheren Verdienst hätte. Tatsächlich ist dem auch so: Schaut man sich die Zahlen beim «Thünen-Institut» (Die Berichtsjahre 1995/96 bis 2017/18; hierzu einfach die Grafik bei «Service zum Download» herunterladen, um sich die Gesamtentwicklung über knapp 22 Jahre anzuschauen; sie liefern weitaus mehr Ausdruck), merkt man, dass man im ökologischen Betrieb im Berichtsjahr 2017/'18 durchschnittlich mit einem 21,52 Prozent höheren Einkommen rechnen (wie die dazugehörige Excel-Tabelle aufschlüsselt, ist mit dem Einkommen der Gewinn abzüglich der Personalkosten). Diese Summe kann sich durchaus sehen lassen, auch, wenn man sich einmal die absoluten Zahlen hierzu ansieht: Während im Betriebsjahr die Ökobauern mit 40.004 EUR an Einkommen rechnen konnten, waren es bei den konventionellen Landwirten nur 32.921 EUR. Wir sehen also eine Differenz von knapp 7.083,– EUR. Stellt sich nur die Frage: Deckt das auch die variablen Kosten, die bei einem jeden Bauern individuell aufkommen können? Kann man sich mit einer solchen Summe auch Rücklagen bilden, die es einem ermöglichen, fürs Alter vorzusorgen? Immerhin ist der Beruf des Landwirten ein Knochenjob im wahrsten Sinne des Wortes, welchen man auch nicht ein Leben lang machen kann, irgendwann gibt der Körper nach, die Nachfolge muss bestimmt werden, damit der Hof überleben kann. In der Regel übernehmen es auch die Nachkommen, wobei auch dieser Trend sich auf einem absteigenden Ast befinden dürfte, da mehr Einkommen in den urbanen Ballungsräumen zu erwarten sind (auf dieselbe Weise sterben auch bedrohte Sprachen aus, da die meisten Nachkommen der heutigen Zeit eher dazu neigen, Englisch zu lernen, die ländlichen Räume ihrer Vorfahren zu verlassen und in die Städte zu ziehen). 
Die Frage wäre nun aber, interessenhalber: Wie viele inhabergeführten Höfe gibt es in Deutschland noch? Sprich: Wie viele Bauern sind noch Grundeigentümer ihrer Ackerflächen, auf welchen sie ihr täglich Brot erarbeiten? Spezifisch gibt es dazu keine Zahlen aus Deutschland, lediglich aus Dänemark findet sich dazu ein Artikel. In ihm wird aber auch eine Tendenz deutlich, die sich mitunter auch auf Deutschland übertragen lässt, wobei eben nur tendenziös: Dass der Trend in Richtung des gepachteten Landes geht, welches man schließlich bestellt, erntet, und die Erträge schließlich verkauft. Der Eigentümer erhält dafür eine monatliche Pacht vom Bauern. Das ist für ihn billiger, immer weniger junge Einsteiger können sich den Kauf von hektarweise Land leisten, Kredite sind wahrscheinlich auch nur zu horrenden Zinsen zu erhalten. Für Deutschland dürfte es nicht anders aussehen. Eine Frage von vorhin, bezogen auf den Trend zum ökologischen Landbau, könnte noch kontradiktiert werden, trotz der Statistiken, die ihm widersprechen dürften: Immer mehr Höfe sterben aus, insbesondere die biologischer Bauern, wegen der Annexion durch Großmärkte und Discounter, die die Preise bei vielen Produkten wie Fleisch und Weizen drücken, wodurch die Einnahmen sinken. Es ist ein Problem, welches womöglich ein wenig überschattet wurde durch teils rosige Aussichten für die Bauern. Doch überlegen wir uns, wie viel beispielsweise 40.000 EUR net. sind in 12 Monaten – ca. 3.333,33 pro Monat –, sollte uns eigentlich der Gedanke aufkommen, dass das für einen Bauern nicht viel sein dürfte. Es gehen noch Steuern ab, die Pacht, Rücklagen für die Altersvorsorge und für schlechte Zeiten, ansonsten noch die alltäglich aufkommenden Kosten, sofern man Familie hat, wovon durchaus auszugehen ist. Rücklagen für schlechte Zeiten sind in der Landwirtschaft mehr als notwendig, insbesondere in Zeiten des aufkeimenden Klimawandels, welcher die Erträge durch zunehmende extreme Schlechtwetterereignisse kumulativ gefährdet. Es ist ein Knackpunkt, welcher nur vergleichsweise selten thematisiert wird, obgleich er sich doch existenzbedrohend auswirken kann auf die Bauern selbst. Was es also braucht, ist mehr Unterstützung für alle Bauern, ganz gleich welcher Methode sie sich verschrieben haben. Solange ihre Dienste noch in der gesamten Gesellschaft gebraucht werden, wäre eine Insolvenz ihrerseits für beide Seiten nahezu gleichermaßen verheerend. Zwar mag der Verlust eines Hofes irgendwo in der märkischen oder der Lüneburger Heide sich erst einmal nicht folgenschwer auf den Markt auswirken, doch kommt infolge einer wirtschaftlichen Verschiebung oder des Klimawandels das Sterben eines einzelnen Hofes selten allein; wenn es sich einmal Bahn bricht, wird das Hofsterben wie eine Sintflut über Deutschland hereinbrechen. 


Umstellung und Verzicht

Bevor wir zum Schlusswort gelangen, wollte ich anbei noch ein paar Ideen einbringen, die sich nur noch bedingt einflochten, nichtsdestotrotz aber noch einmal eingebracht werden sollten, damit sie nicht gänzlich unter den Tisch fallen. Einer unter ihnen ist die Frage, inwieweit der ökologische Landbau eigentlich profitabel bleiben kann, vor allem aber, wie er, sollte er einmal die einzige verbliebene Methode bleiben, ganzjährig Ernten bringen kann. Gemeint ist damit schlicht die Frage nach der Düngung, sofern man möglichst auf Gülle verzichten kann. Sie ist die unbestrittene Hauptursache für die hohe Nitratbelastung des Grundwassers, und obgleich manche Bauern gerne behaupten würden, dass die Furore rund um Nitrat eigentlich aufgeblasenes Halbwissen seien, sprechen die Zahlen und Fakten doch eine andere Sprache. Darum muss die Maxime lauten, dass in Zukunft weniger Nitrat eingesetzt werden muss, da die Pflanzen all das Nitrat nicht verarbeiten können, genauso wie Pflanzen nicht all das Kohlendioxid verbrauchen können, welches Menschen zu viel in die Welt hinausblasen. Es braucht also alternative Methoden der Düngung, wodurch weniger oder gar kein Nitrat emittiert wird. 
Eine denkbare Methode wäre die sogenannte Gründüngung: Bei dieser werden Hülsenfrüchte zunächst angepflanzt, und nach ihrem Wachstum wieder umgegraben, ohne sie vorher geerntet zu haben. Dabei vergehen sie und dienen durch sich selbst, durch ihr Verrotten, als natürliches Düngemittel. Wie man sich denken kann, ist diese Methode keine für die Ewigkeit, muss also des Öfteren wiederholt werden, womöglich ist sie auch nicht so effektiv wie das Düngen mit Gülle. Der Vorteil wäre aber eben seine Verträglichkeit. Was aber die Verträglichkeit angeht, so kann man auch andere Wege einschlagen, die nicht unbedingt mit einem Rückgang in den Erträgen einhergeht; da wäre beispielsweise die bisweilen recht unbekannte Methode der Permakulturen, bei welchen es darum geht, dass, wie dieses Kofferwort praktisch schon vernehmen, man Pflanzen für die Ewigkeit dort anpflanzt, mindestens aber für eine unbestimmte Zeit, das Konzept lebt von seiner Naturbelassenheit: Chemie wird nicht eingesetzt, stattdessen natürlicher Kompost, verschiedene Pflanzen anstelle von Monokulturen, man lässt Bakterien und Kleinstlebewesen den natürlichen Entwicklungsweg der Pflanzen begehen, der Kompost dient als Humus. Wie dem Artikel des Deutschlandfunk zu entnehmen ist, gibt es keine brachliegenden Flächen, stattdessen drängen die Pflanzen aneinander. Eben auch wie in der freien Natur. Wem die hohe Frequenz des Wortes natürlich auffiel, liegt nicht falsch, muss aber auch keine offensichtliche Präferenz vermuten. Es ist nur eben so, dass dieses Konzept auf einem naturbelassenen Konzept fußt, ein krasser Kontrast zur industrialisierten Landwirtschaft, welche auf Monokulturen und einem chemischen Zusatz zur Beschleunigung der Vorgänge setzt, eben zulasten der Böden und schlussendlich des Grundwassers. Und obgleich das Gesamtbild womöglich etwas wild aussehen mag, kann man doch ein System vermuten, welches für die spätere Ernte wichtig ist: Wie im DLF-Artikel zitiert wird im Artikel: 
„Einmal die Zonierung. Das bedeutet, dass man vorne die Pflanzen hat, die schnell wachsen, um die man sich vielleicht ein bisschen mehr kümmern muss. Pflanzen, die länger wachsen, die kommen dann in die zweite Reihe. Und dann kann man noch die dritte Reihe machen, wo dann praktisch Stauden hinkommen, die man mehr sich selbst überlassen kann. Das andere ist die Stapelung. Das bedeutet, dass man die Pflanzen so anordnet, dass die niedrigen Pflanzen vorne sind, die höheren dahinter und so. Und dann kommt noch die Mischkultur. Was passt zusammen.“
Man sieht also: Es ist wichtig, auch Kenntnis über die Pflanzen zu besitzen, um möglichst hohe Erträge aus diesen Feldern zu erzielen. Dieses Wissen über die Pflanzen, ihre Aufzucht und ihre Befindlichkeiten, ersetzt in gewissermaßen dafür die chemischen Zusätze, die beispielsweise zum Kampf gegen Schädlinge eingesetzt werden. Natürlich hat man ein wenig mehr Arbeit mit den Pflanzen, vor allem mehr kleinere Handarbeit, doch kann man dafür die Umwelt aktiv schützen. Die Frage ist nur: Bleibt diese Form des Anbaus im Großformat, wie es notwendig wäre für die Ernährung der Massen, nicht eher ein Hobby für Enthusiasten? Auf Dauer, wollte man dieses Konzept zum Primus erheben, wäre die Teuerung der grundlegenden Ernährung eine logische Schlussfolgerung, getroffen würden einmal mehr vor allem die ärmere Bevölkerung. Wollte man es verhindern, bräuchte es auf jeden Fall viel mehr Höfe, die ihre Erträge in den Markt spülen: Auf diese Weise könnte ein Wettbewerb entstehen, welcher die Preise nach unten drücke. Demgegenüber wäre wiederum zu fragen, ob von einem solchen Preiskampf die Bauern überleben könnten, ohne in den Bankrott zu geraten. Wieder einmal bewegen wir uns innerhalb eines Dilemmas, ausgerechnet bei einem Thema, welches die Grundfesten der Gesellschaft zu erschüttern vermag. 

Eine weitere Idee zur alternativen Düngung wäre der Rückzug in altbackene Anbaumethoden: Die Rückbesinnung auf saisonales Pflanzen. Um das Klima zu schonen, werden Kunden bereits dazu aufgerufen, regionaler einzukaufen, womit sich einzelne unter ihnen, insbesondere junge, urbane Linksliberale sich gerne brüsten, einige wenige unter ihnen gehen sogar so weit, sich in die partielle Autarkie zu begeben und zuhause Früchte anzubauen, um sie nicht einkaufen zu müssen. Da das aber nicht jedermanns Sache sein mag, und manche auch weiterhin auf Bauern angewiesen sein werden, müssen auch sie gegensteuern, um mit ihrer Arbeit nicht das Heil des Planeten zu gefährden. Darum ist auch hierbei ein Gegenvorschlag, auf mehr Regionalität zu setzen, und wieder anzufangen, nach Saison anzupflanzen anstatt ganzjährig ein und dasselbe anzupflanzen und zu ernten. Auf diese Weise könnte man auch ganzjährig ernten, müsste aber eben immer gucken, was in welcher Jahreszeit Saison hat. Eine gewisse Umstellung wäre es also, doch könnte es davor bewahren, einem Schicksal zu erliegen wie dem der Forstwirte, welcher sich mit einer biblischen Plage namens Borkenkäfer konfrontiert sehen. Gegen ihn helfe wahrscheinlich nur noch die Radikalkur der Brandrodung, um aus diesem Genozid einen Phönix zu machen, welcher aus der Asche der Monokultur in Form einer Mischkultur erwacht, um nie mehr einer solchen Plage erneut zu erliegen. So weit muss man unter Landwirten hingegen nicht gehen: Einfach einen bestimmten Punkt setzen, ab welchem man diese saisonale Ernte beginnen möchte, die Ernte einholen, und fortan nach Saison säen. Es wäre denkbar, und auch machbar, man muss es nur wollen. Das Risiko dürfte, nach vorhergehender Recherche, relativ gering. Hierbei könnte man ebenfalls weitestgehend auf Schädlingsbekämpfungsmittel verzichten. 

Bliebe noch eine bislang unbehandelte Frage über: Kann man wirklich auf Pestizide verzichten? Abgesehen von der zuletzt behandelten Thematik mit der saisonalen Ernte, gäbe es nicht auch Alternativen zu chemischen Keulen? Diese Frage möchte ich möglichst kurz halten, da der Text als sonntäglicher Monolog, welcher möglicherweise erst am Montag erscheint, (Pardon hierfür) ohnehin schon eine gewisse Länge innehat, und die Frage an sich relativ unspektakulär ist, da es auf kurz oder lang ohnehin auf einen Verzicht gegenüber Insektiziden und Pestiziden hinauslaufen muss, hierzu aber noch im Schlusswort ein wenig mehr; kann man also auf sie verzichten? Das hängt davon ab, inwieweit es wirtschaftlich ist, auf Mischkulturen zu setzen, also eine Methode, bei welcher man einfach verschiedene Pflanzen auf einer einzelnen Ackerfläche aussät, ähnlich wie bei Mischwäldern, welche auf diese Weise ebenfalls gewappnet wären vor einer Seuche durch Schädlinge, welche allein ein ganzes Biotop in einen Leichenacker verwandeln können. Am Ende des Tages wäre es wahrscheinlich die einzig biologische Methode auf dem Acker, um Schädlinge zu vermeiden, so traurig es auch klingen mag. Die Wirtschaftlichkeit wäre wahrscheinlich eingedämmt, doch ist es ein stetes Abwägen zwischen Vor- und Nachteilen, welches die Entscheidung befähigt. 
Der Deutschlandfunk hingegen bietet weitere Optionen durch Berichte über Fachmessen an: Es gäbe die Möglichkeit, durch Biodiversität gleich hohe Erträge bei gleichzeitigem Schutz der Vielfalt zu erzielen, indem man ausgeschriebene Flächen inmitten des Feldes für Tiere wie Lerchen freihält, sodass sie sich in gewohntem Habitat niederlassen können, um zu brüten und eben zu leben. Dem Bauern überkämen keine Verluste, und doch hätte er einen Dienst an der Umwelt vollbracht. Eine Win-Win-Situation, möchte man meinen. Weitere Möglichkeiten wie beispielsweise der Einsatz von Insekten wie Schlupfwespen werden ebenfalls genannt; viele wundervoll klingende Ideen, die aber zumeist die theoretische Ebene nie verlassen, um massenhaft Anwendung zu finden. Diese wäre aber notwendig, um beispielsweise auch Machbarkeitsstudien durchzuführen, welche die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit solcher Methoden ermitteln könnten. Für Bauern, die nicht erst einen initialen Versuchslauf ausprobieren wollten, um zu sehen, ob es sich für sie rechne, wären solche Studien hilfreich als Orientierungspunkt, um die für sie beste Methode zu finden. So weit sind wir aber noch nicht, weil man bislang viel mehr damit beschäftigt ist, über Methoden zu diskutieren als einzelne unter ihnen unter Probanden zu testen. Wir treten auf der Stelle, aber das möglichst gehetzt. 


Schlusswort

Jetzt haben wir uns eine ganze Weile lang darüber unterhalten, wie sehr Bauern doch vor allem unter der Fittiche der staatlichen Verordnungen einerseits, und unter dem einseitigen Protest grüner Linksliberaler andererseits zu leiden haben, doch dürfen wir eben auch nicht außer Acht lassen, dass diese Kritik nicht unbegründet ist. Ja, es stimmt – Bauern sind durch Ihre Profession ein Hauptgrund für den Ausstoß von Methan durch Rindviecher und für eine untragbare Nitratbelastung im Grundwasser verantwortlich, und dafür müssen wir Lösungen finden, und zwar dringend. Was es dafür aber vor allem braucht ist ein Dialog zwischen diesen drei Parteien: Den Demonstranten auf der Straße, der Bundesregierung, welche in Berlin im Reichstag residiert (das betrifft Regierung und Opposition gleichermaßen), und mit den Landwirten selbst, fast schon weniger die Agrarindustrie, doch auch sie braucht es letzten Endes. Sie alle müssen involviert werden und müssen ihre Agenda zur Sprache bringen können. Am Ende muss sich aus diesem dreieinigen Zusammenschluss ein tragbarer Kompromiss für alle finden lassen. Immer nur aus diskreter Ferne gegeneinander zu schießen wird niemanden voranbringen, auf diese Weise verhärten sich die Fronten, und dabei sprechen wir noch nicht einmal von einem für die breite Masse letztlich relativ unbedeutendem Thema, sondern darüber, wie wir auch in Zukunft den Spagat schaffen zwischen Umweltschutz und dem Brot fürs Land. Man kann den Erzeugern nicht einfach vorschreiben, wie sie ihren Job zu machen haben, wenn diese Verordnung vor allem von Menschen kommt, die nicht einen Tag aktiv in der Landwirtschaft tätig waren, was bei der ehemaligen Weinkönigin Julia Klöckner durchaus der Fall ist. Dasselbe kann man in der Regel auch von den Demonstranten behaupten, welche nicht selten noch recht jung sind und in der Großstadt aufwuchsen, oder aber in mittelständischen Verhältnissen auf dem Land, wo ihre Eltern aber selbst keinen Hof führen, sondern jeden Tag in die Großstadt auf die Arbeit pendeln. So entsteht auch eine gewisse Distanz zur Arbeit, die man so lautstark kritisieren mag. Es soll dabei keineswegs unterstellt werden, dass dieser Protest auf tönernen Füßen stünde, keineswegs – das Problem ist nur eben, dass scharf geschossen wird, ohne sich auch nur eine Minute auszumalen, welche Folgen das für die Betriebe haben kann, welche Herausforderungen sich den Bauern offenbaren, wenn man ihnen diese Verordnungen aufs Auge drückt. Das ist ein Grabenkrieg, bei welchem keine Seite auch nur einen Zentimeter an Annäherung wagen mag. Es ist ein verklemmter, eingerosteter Diskurs, welcher sich verheerend auf das gesellschaftliche Klima auswirkt und Parteien wie die AfD beflügelt. Der linke Flügel wirkt dabei zwar nicht faschistisch, jedoch egoistisch, selbstgefällig und kompromisslos, sich im Elfenbeinturm moralischer Überlegenheit wähnend. 

Mal einmal aber angenommen, dass wir es am Ende nicht schaffen sollten, diese teils radikalen Reformen hin zu einem (teils) rein ökologischem Anbau vollständig umzusetzen, ohne dabei auch Einbußen in der produzierten Menge einstecken zu müssen; hinzu nähmen wir auch noch, des Umweltschutzes wegen, einen Importstopp für Früchte und Gemüse aus Übersee ein, zunächst nur für selbige, die man auch hierzulande, allerhöchstens noch in Europa anbauen könnte, beispielsweise Kartoffeln. Was müsste man tun, um die Massen trotzdem noch mit erschwinglichen Lebensmitteln zu versorgen, damit niemand in Deutschland den Hungertod sterben muss, weil er order sie sich das Essen in den Auslagen im Supermarkt mehr leisten konnte (Mal abgesehen von jenen, die diesen Tod bereits sterben, das ist aber insgesamt ein anderes Problem)? Man stelle sich vor, dass diese Situation einträte, und das Essen immer teurer würde, die Menschen den Preiskampf nicht länger aushalten können. Natürlich ist diese Situation abstrus: Gingen die Mengen bei Erzeugern zurück, müsste der Markt in seiner Logik reagieren und mehr Menschen dazu bewegen, wieder selbst Höfe zu eröffnen, weil sie merken, dass dort zwar harte Arbeit blüht, dafür aber auch satte Gewinne. Die Waage justiere sich also selbst wieder im Equilibrium. Die Frage ist nur, ob dieser Vorgang in Gang käme, sich also genügend Menschen aufrappelten, zum Spaten griffen, und einen eigenen Hof begründeten. 
Regionalität ist aber von immenser Wichtigkeit, und sie muss auch wieder bezahlbar werden. Mitunter müssen die Menschen vielleicht in stoischer Erkenntnis einsehen, dass die Globalisierung, was den Warentransport anbelangt, ein Fehler war, und deswegen zunehmend eingedämmt werden muss. Das heißt: Die Menschen müssten entweder anfangen, tropische und exotische Früchte entweder hierzulande – vornehmlich in Gewächshäusern – züchteten, oder ganz auf sie verzichteten. Wichtig ist es, dass Menschen sich wieder mehr an den Dingen erfreuen, die sie besitzen können, die sie bereits besitzen, als über Dingen zu verzweifeln, die sie entweder nicht haben oder niemals besitzen können werden. Um es mit den Worten der Stoiker auszudrücken: 

Weise ist der Mensch, der nicht den Dingen nachtrauert, die er nicht besitzt, sondern sich der Dinge erfreut, die er hat.²
Dabei soll es nicht heißen, dass man es nicht versuchen kann, solche exotischen Güter oder sonstiges an sich zu bringen; es soll auch keineswegs verteufelt werden, so etwas überhaupt haben zu können. Die Frage ist nur, wie man an sie kommt. Wenn wir das Klima schützen wollen, müssen wir auch zunehmend verzichten, obgleich es Menschen geben mag, die diese Methode entweder verteufeln, oder sie zumindest für Unfug halten, und stattdessen sagen, dass man auf technische Innovationen setzen sollte. Dagegen ist auch nichts zu sagen, immerhin hat der Mensch schon viele Probleme mittels seines Erfindergeistes lösen können. Das Problem ist nur, dass man früher auch mehr Zeit hatte und indessen sich anderweitig zu helfen wusste – oder eben Verzicht übte. Diesmal aber haben wir nicht so viel Zeit, stattdessen erleiden wir einen gewissen Druck. Darum können wir uns nicht in unsere Sessel zurücklehnen und darauf warten, dass uns irgendjemand das Allheilmittel präsentiert. Für den Moment ist es besser, zunächst zu verzichten, um nicht noch mehr Druck auf den Planeten auszuüben. Die Haltung, fortzufahren wie bisher und alles auf die eine Karte währenddessen zu setzen, ist selbstzerstörerisch, ein Spiel mit dem Feuer, bei dem man sich nur zu leicht verbrennt. Dabei haben wir nur diesen einen Planeten, und müssen ihn bewahren. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Konsum a priori wieder zurückkehren kann, doch für den Moment ist er untragbar. Und ohnehin: Schon Minimalisten wie Marie Kondo haben uns in Zeiten des bulimieartigen Konsums bewiesen, wie befreiend es wirken kann, weniger denn mehr zu besitzen. Um noch einmal auf die Stoiker zurückzukommen: 
Tu weniges, wenn du wohlgemut sein sollst. Vielleicht ist es besser, das Notwendige zu tun und was die Vernunftordnung des von Natur auf den Staat gerichteten Wesens bestimmt und wie es zu tun sie bestimmt. Dies nämlich verschafft die Wohlgemutheit, nicht nur weil man dann das Richtige, sondern weil man auch weniges tut. Das meiste nämlich von dem, was wir sagen und tun, ist nicht notwendig, und wenn man es weglässt, wird man mit schönerer Mußezeit und geringerer Unruhe leben. Man muss also bei jeder Gelegenheit sich daran erinnern: ist vielleicht dies etwas Unnötiges? Man muss aber nicht nur die unnötigen Betätigungen weglassen, sondern auch derartige Vorstellungen. Denn so werden auch keine überflüssigen Betätigungen erfolgen.³
Und mit diesen Worten wünsche ich nunmehr noch einen schönen, geruhsamen Wochenanfang. 


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¹Budge, G.E. et al. (2015): Evidence for pollinator cost and farming benefits of neonicotinoid seed coatings on oilseed rape. In: Scientific Reports 5: 12574, (online, 20. August 2015), doi: 10.1038/srep12574.

²Der Verfasser dieses Zitats ist unbekannt, zugeschrieben wird es aber Epiktet (um 50 - 138 n. Chr.)

³ Aurelius, Marcus. „Selbstbetrachtungen”

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