Das verkrampfte Volk der Deutschen

Warum Humor bei gesellschaftlicher Integration helfen kann

Der Karneval gehört zu den gesellschaftlichen in Deutschland, welche man nicht unbedingt einem Ausländer zeigen wollte, wenn man darstellen wollte, wie gebildet und hochentwickelt Deutschland ist: Es ist eine Veranstaltung, in denen jegliche Debatte über Sexismus verwässert wird durch Frauen, die sich unangemessen präsentieren; Menschen, die in albernen Kostümierungen auftreten; es werden sinnentleerte Lieder geträllert und ebenso erniedrigende Witze und Späße gerissen. Es ist keine Veranstaltung, bei der man sich vorstellen sollte, dass es zu einer Debatte kommen könnte, die etwaige gesellschaftliche Missstände anreißt. Und doch geschah genau das, insbesondere in diesem Jahre, sogar mehrere Male. 

I. Winnetou oszilliert im Grabe

Es gab Debatten über noch erlaubte Kostüme und welche, die in einer aufgeklärten Gesellschaft vermieden werden sollten. Dieser Teil der Debatte wurde angerissen in einer Kita in Hamburg, bei der eine Erzieherin den Eltern der Kinder dazu riet, von Kostümen, die amerikanische Natives darstellen sollen, abzusehen, da es die Gräueltaten, welche gegen sie verübt wurden, untergrieben, und ihre Kultur verballhornt. Das ist seltsam, wenn man sich vorstellt, dass die Rede von deutschen Kindergartenkindern ist. Sie wissen aller Wahrscheinlichkeit nicht, was der «Trail of Tears» oder der «Great Removal Act» ist. Man kann es nicht einmal bei deutschen Erwachsenen vorstellen; sie wüssten wahrscheinlich, dass die Natives vertrieben und ermordet wurden von europäischen Siedlern, die ihnen ihr Land raubten, doch wüssten sie mit diesen Begriffen nichts anzufangen. Sie wüssten wahrscheinlich auch nicht, wer Andrew Jackson war. Wieso sollten also ausgerechnet Kinder, die noch nicht einmal von den Natives gehört haben mögen, dazu raten, keine Indianerkostüme mit Federschmuck zu tragen, weil sie damit eine ganze Kultur beleidigen könnten? Ist überhaupt damit zu rechnen, dass jemals ein Häuptling in einem Reservat in den USA davon erfahren wird, dass in einer Hamburger Kita ein vierjähriger Bub seine Kultur indirekt und unbewusst beleidigt, unabsichtlich? Es ist unwahrscheinlich. Die Aufregung darüber war so sinnlos, wie sie auch schnell wieder vergangen war. Theoretisch war es alles nicht nötig, es war nicht die Berichterstattung darüber wert; es war wahrscheinlich auch nicht diesen Abschnitt in diesem Blog wert. Doch es geschah, und die Menschen erhitzten ihre Gemüter darüber. Tja, manchmal braucht es sowas, damit die Menschen zumindest für einen Moment von ihren wirklichen Problemen abgelenkt werden. Auch das kann als eine Auszeit von der Realität genannt werden. 

II. Der ewige Jude und sein Geld 

Abseits der gesellschaftlichen Karnevalsdebatte, doch unweit der deutschen Grenze, in Belgien, ereilte sich ein unerwartetes Konvolut, und das auch noch innerhalb eines UNESCO-Weltkulturerbes. Der Karneval in Aalst, ähnlich wie der Karneval in Venedig (und theoretisch hätte es auch die Mardi Gras in Alabama und Louisiana verdient), ist als UNESCO-Weltkulturerbe eingetragen und somit schützenswert als glorreiches Erbe der Menschheit. Die Belgier haben somit auch ein gewisses Image zu wahren, eine gewisse Reputation. Umso erschreckender ereilten die Welt die Nachrichten über einen Wagen, der eine antisemitische Trope bediente: Klassisch im antisemitischen Stereotyp erkennt man sie auf dem Wagen, wie sie grinsend Geld schachern, bezugnehmend auf ihre angebliche Gier nach Geld. Juden wird nachgesagt, sich insbesondere im Bankwesen zu verdingen und Vermögen zu generieren. Zur rechten Zeit hat beispielsweise darüber die Nachrichtenseite Brussels Times berichtet. Dabei wurden sie im Mittelalter dorthin gedrängt, nachdem man es ihnen verbot, im Handwerk zu arbeiten. Das Bankwesen war die letzte Ausflucht für eine bezahlte Beschäftigung. Und nach und nach manifestierten sie sich in dieser Branche, errichteten mehr oder weniger ein Monopol. Ihre Schuld ist es dennoch nicht, was hätten sie schließlich tun sollen? Im Mittelalter gab es neben dem Handwerk nicht viele Bereiche, in welchen sie hätten arbeiten können. In einem christlichen Kloster hätten sie auch nicht einkehren können aus religiösen Gründen. Es war also eine Sackgasse, in die sie gelangten, und sie machten das beste daraus, und erschlossen das neu erfundene Bankensystem der italienischen Kaufmannsfamilie de Medici. 
Wieso lässt man also einen solchen Wagen auffahren, in einer Gesellschaft, in der man die antisemitische Schiene eigentlich schon lange verlassen haben sollte, weil man aus der Vergangenheit gelernt hat, und sogar einen französischen Präsidenten hat, der zuvor bei Rothschilds gearbeitet hat? Weil es noch immer die Rechtspopulisten und Rechtsextremisten gibt, die derartige Wagen sponsern, weil auch gutheißen. In der Causa Aalst war es die flämisch-rechtsextremistische Vlaams Belang, welche auch in der Vergangenheit durch islamophobe Tendenzen - beispielsweise arbeiten sie Hand in Hand mit anderen rechtsextremen Parteien in Europa, so auch in der Fraktion für das europäische Parlament. Demgegenüber muss man aber sagen, dass sie sich überaus judäophil geben, also unglaublich freundlich und unterstützend gegenüber den Juden in Belgien, und auch gegenüber Israel. Fast schon determiniert sehen sie sich darum dazu, ihren natürlichen Todfeind - radikale Islamisten - auch als ihre Feinde zu sehen, und sie aus ihrem Land (Belgien) auszuschließen. Es ist aber von Rechtsextremisten die Rede, sodass man sich sicher sein kann, dass es mit der Differenzierung zwischen friedliebenden Muslimen und fundamentalistischen Islamisten nicht weit her ist - sie scheren einfach alle über einen Kamm und fordern schlicht eine geschlossene Grenze. Wie man in einem Op-Ed auf der israelischen Jerusalem Post lesen kann: Zu der Zeit, als dieser Text geschrieben wurde, nahmen die antisemitischen Übergriffe zu, gläubige Juden fühlten sich unsicher. Und wie es so ist, wenn eine Angst überhand nimmt und sich in rassistischen, diskriminierenden oder nationalistischen Narrativen ausnutzen lassen, sind die rechtsaußen gelegenen Parteien sofort zur Stelle, wenn es darum geht, sie gnadenlos auszuschlachten. 
Wie also passt es zusammen, dass eine Partei, die sich in der Vergangenheit immer hinter die jüdische Sache stellte, auf einmal anfängt, sie zu verlachen, praktisch gegen sie zu hetzen? Zunächst kann man sich nicht sicher sein, wenn man den Artikel der Brussels Times gelesen hat: Nirgends steht geschrieben, dass der Wagen von der Vlaams Belang gesponsert wurde. Man kann aber lesen, dass gleich dahinter flämisch-nationalistische Politiker in KKK-Kutten (namentlich erwähnt wurde der Senator Guy d'haeseleer von der Vlaams Belang) und Menschen mit schwarzbemalten Gesichtern liefen. Von Zufall kann also nicht die Rede sein, die Sache wurde vor allem für die Medien inszeniert, um ein eindeutiges Zeichen in die Welt hinaus zu senden: Dass die Zeiten sich auch in Belgien gewandelt haben. Jedoch zu behaupten, dass die UNESCO derartige Aktionen fördert, ist abstrus, schließlich ist der Karneval in Aalst nicht erst seit diesem oder letztem Jahre Weltkulturerbe. Andererseits hat die Geschichte auch zwei Haken: Die UNESCO, auch wenn sie diesen Wagen nicht initiierte, hatte sie doch noch ein Wörtchen mitzureden, sodass man davon ausgehen darf, dass sie die Wagen abnehmen mussten, oder ihn vorab begutachteten. Der zweite Haken ist, dass der Bürgermeister der Stadt Aalst, Christoph D'Haese, selbst der Vlaams Belang angehört (nachzulesen auf der belgischen Nachrichtenseite Flandern Info). Es ist also davon auszugehen, dass mindestens eine der beiden Parteien - der Bürgermeister oder die UNESCO - Schuld an diesem Wagen trägt. Was man aber jetzt schon weiß, ist, dass auch dieses Ereignis den Karneval der heutigen Zeit politisierte. 

III. Darf sie das? 

Sie wurde erst vor wenigen Monaten zur neuen CDU-Vorsitzenden gewählt, und drängte sich seitdem schon immer mehr in den Vordergrund, was am deutlichsten wurde, als sie auf Macrons Bekenntnis zu Europa reagierte -normalerweise machte das die Kanzlerin, und noch ist Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK), von der offensichtlich die Rede ist, nicht Kanzlerin. Es war ein eindeutiges Zeichen, in welche Richtung sie tendiert, und mitunter wird sie niemand aufhalten können, da sie zugleich auch die Hoffnung der Konservativen in der CDU ist. Sie pendelt in Richtung Kanzlerschaft, immerhin ist ihre Partei seit jeher politisch prädestiniert, die Mehrheit zu erlangen, da sie sich insbesondere in der demographisch dominierenden Altersgruppe der Generation 50+ großer Beliebtheit erfreuen (die meisten von ihnen sind ohnehin Stammwähler, die niemals eine andere Partei wählen; für sie ist die Parteizugehörigkeit gleich einer Heirat, die schon durch eine amtlichen Scheidung beendet werden müsste). Entsprechend wird sie auch bei den nächsten Wahlen mit Erfolg abschneiden und AKK als ihre nächste Kanzlerin krönen. Problematisch könnte dies vor allem für die jüngeren Generationen werden, welchen sie nicht zuletzt durch ihre bereits erwähnten konservativen Ansichten ein Dorn im Auge ist, nicht allein wegen ihre homophoben Äußerungen (wie beispielsweise thematisiert auf Queer.de). Ohne jetzt aber weiter auf diese Angelegenheit an sich einzugehen, sollte vielmehr Bezug genommen werden auf eine Thematik, die sie anschnitt, als sie während des bunten Faschingstreibens einen Auftritt beim Stockacher Narrengericht hinlegte und dabei einen Witz riss, der die Gemüter der jungen, progressiven Linken in Deutschland aufheizte. Es ging um einen Witz über Intersexuelle, im Wortlaut sagte sie Folgendes: 
Wer war denn von euch vor kurzem mal in Berlin, da seht ihr doch die Latte-Macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das dritte Geschlecht einführen?” “Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen. Dafür – dazwischen – ist diese Toilette.” 
Zugegebenermaßen beinhaltet dieses Zitat einiges - angefangen beim altmodischen Narrativ, den Latte Macchiato als das Sinnbild eines hippen Hauptstädters zu gebrauchen, der sich stilsicher von der Provinz, der er entstammte, abzuheben, bis hin zum allgemeinen Cliché, dass Intersexuelle in Wirklichkeit nur unsicher über ihre eigene Identität seien, sich praktisch noch auf einem Pfad der Sinnfindung befänden. Oder, um es wie ein Proll-Troll im Netz zu beschreiben, wenn Frauen sich als lesbisch outen: «Die Frau muss einfach mal nur so richtig durchgefickt werden, dann ist sie auch wieder hetero. So sieht das nämlich aus, ist alles nur Hokuspokus.» (Ich bitte hierbei um Entschuldigung für diese Reflexion menschlicher Abgründe). Was Frau Kramp-Karrenbauer hier zum besten gab, war grenzwertig, das stimmt, doch für einen Skandal reichte das nicht. Warum, das folgt sogleich. 


Schon in der Vergangenheit, auf Youtube findet sich dazu ein Video, hat Hape Kerkeling, selbst schwul, mit seinem Sketch «Café Korten» Witze über Schwule und bediente nahezu jedes Cliché, welches es gibt. Ein Skandal blieb dennoch aus. Warum? Wohl, weil er selbst schwul ist. Man könnte es vermuten. Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass man früher noch offener gegenüber solchen Witzen war, und noch keinen Aufstand erprobte, wurde über eine Minderheit Witze gemacht. Denn eines ist wohl klar: Nur, weil eine Minderheit eben eine Minderheit ist, heißt es nicht, dass sie gesonderte Rechte genießt. Zu einer gesunden Gesellschaft gehört, und da dürfte ein jeder zustimmen können, dass alle Menschen grundsätzlich gleich behandelt werden, ganz gleich welcher Abstammung sie sind, welcher ethnischen Minderheit sie angehören, oder welche sexuellen Vorlieben sie haben. Werden für etwaige Gruppen aus etwaigen Gründen spezielle Rechte anberaumt, so geht es auf der Stelle zu wie unter kleinen Kindern: Diejenigen, die auf diese Rechte nicht zugreifen können, werden sich benachteiligt fühlen, und einen Aufstand proben. Verständlich, wenn es keine ersichtlichen Gründe gibt, weswegen diese Rechte überhaupt anberaumt wurden. Bei dieser Debatte - der um die Witze über Intersexuelle vonseiten AKKs - kann es einem durchaus so vorkommen, als ob hier bestimmte Menschen in unserer Gesellschaft, wie beispielsweise der Abgeordnete der Grünen, Sven Lehmann, derartige Rechte einfordern wollten. Wieso sollte man schließlich keine Witze über Intersexuelle machen können? Viele sagen, dass es schändlich sei, Witze über Minderheiten zu machen, andere werden hingegen spezifischer und sagen, dass AKKs Witz über Intersexuelle aus der Zeit gefallen sei und altbackene Clichés bediene, die dazu führten, dass Transphobie wieder salonfähig würde. Wohlweislich ist es ein wenig schwarzseherisch, aufgrund eines Witzes das Ende der fortschrittlichen und aufgeklärten Gesellschaft zu prophezeien, entsprechend äußerte sie sich auch später auf die Reaktion auf ihren Witz: Deutschland sei das verkrampfteste Volk auf Erden (so oder so ähnlich). Was mag wohl an dieser Äußerung dran sein? 
Zugegebenermaßen sind nicht viele Witze über Minderheiten sonderlich aufgeklärt oder kreativ, vielmehr bauen sie alle auf irgendwelchen Clichés auf, die sich sogar wissenschaftlich widerlegen ließen. Beispielsweise sind Juden nicht inhärent dazu befähigt, besonders gut mit Geld oder generell mit Zahlen umzugehen. Dennoch riss die österreichische Komikerin Lisa Eckart einen Witz darüber, dass sie, nachdem man sie als deutsche Muttersprachlerin im Germanistikstudium in Paris enttarnte, beschämter sei als der Jude im BWL-Studiengang; nicht alle Polen klauen - wie also ergibt der folgende Witz Sinn, setze man nicht dieses Cliché voraus?: «Was machen zwei Polen auf dem Eis? Einbrechen.»; nicht alle Länder in Afrika leiden unter Hungersnöten - somit sind Sprüche wie «Das E in Afrika steht für Essen» gemeinhin diskriminierend, werden aber dennoch als Witze eingestuft (wenngleich sie auch nur eine kleine Gemeinde ansprechen). Ähnlich wie AKKs Witz sind auch Witze im Bereich des schwarzen Humors nicht sonderlich gut pointiert, und auch dort gibt es eine besonders große Front, die sich dafür einsetzt, ihnen den Status der Witze abzuerkennen, sodass man sie als das einstufen könne, was sie in Wirklichkeit sind: Diskriminierend, rassistisch, volksverhetzend. Sollte man also beides in einen Topf schmeißen? Manch einen wäre das wohl gerade Recht, immerhin ermögliche es eine Fülle an Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Fortschritte wären das aber nicht, ihre Kontrahenten sprächen auf der Stelle von Zensur und gegebenenfalls von einer Meinungsdiktatur. Eine klare Antwort darauf gibt es nicht, weil Humor wie die Kunst ist: Es ist eine subjektive Angelegenheit, Meinungen sind verschieden. De gustibus non est disputandum - Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Warum es also versuchen? Weil Witze über Minderheiten praktisch eine Sonderrolle einnehmen. Warum? Weil Minderheiten rund um die Uhr unter Gefährdung stehen, angegangen zu werden, weil sie als Minderheit als schwach gelten. Im Mittelalter, um noch einmal darauf zurückzukommen, boten sich die Juden an, weil sie in den christlichen Ländern (was auf nahezu alle westlichen Gebiete Europas zutraf) eine Minderheit darstellten. Sie waren nicht viele, und sie hatten keine offizielle Vertretung wie einen König oder einen Grafen, der für sie einstand, wenn sie unterdrückt wurden. Heutzutage sehen sich Menschen sexueller oder religiöser Minderheiten (abermals) gefährdet - ist es aber deswegen die richtige Methode, sie in Watte zu packen? Eben nicht. Und dafür gibt es gute Gründe: Zunächst ist niemand vor Unfreundlichkeiten, Beleidigungen oder tätlichen Angriffen gefeit, solange dasselbe System noch am nächsten Morgen besteht. Man kann einer Minderheit (egal welcher) angehören, und könnte am nächsten Tag dumm angemacht werden auf der Straße; man könnte in Deutschland auch einfacher Biodeutscher sein, und am nächsten Tag durch ein Clanmitglied oder einem Rocker ebenfalls deutscher Herkunft erstochen werden, auf offener Straße, am helllichten Tage. Man sieht es nie vorher, das ist das Schicksal. Man kann nicht alle Geschicke, die sich in jeder Sekunde auf der ganzen Welt abspielen, voraussehen oder beeinflussen. Wenn es passiert, dann passiert es, und höchstwahrscheinlich wird man es nicht verhindern können. Wie Seneca etliche Male wiederholte: «Das Leben ist kurz». Man tut also gut daran, das Leben zu genießen, und sich nicht über Lappalien wie schlechte Witze zu moquieren, in der Regel sind sie es nicht wert, auch wenn sie von der zukünftigen Kanzlerin kommen. Es mag sein, dass AKK bekannt ist für homophobe Kommentare, doch das bedeutet nicht, dass auch ihre Witze dieser Manier sind, auch wenn es naheliegt. Der Kon- und Paratext sprechen beiderlei dafür. Heißt das aber, dass man einen Witz automatisch so verstehen muss, dass er eigentlich beleidigend gemeint ist? Man kann ihn so verstehen, und vielleicht findet sich dafür sogar ein ganzes Kollektiv. Dennoch heißt es abern icht, dass dieses Kollektiv auf der Stelle Recht hat und eine Entschuldigung erzwingen sollte. Das wäre in anderen Fällen vielleicht gerechtfertigt, doch nicht, wenn es um Kunst geht. Und so schäbig der deutsche Karneval auch sein mag, und wie wenig man ihn selbst mögen mag, muss man doch sagen, dass es noch immer Kunst ist. Über Kunst lässt sich streiten, doch sinnvoll ist es in der Regel nicht, allenfalls im akademischen Sinne. Und wenn man sich so unbedingt über AKK und ihr Verständnis von Homo- oder Transsexualität aufregen mag, dann sollte man ihre Aussagen nehmen, die sie außerhalb des Karnevals tätigte, denn diese meinte sie ernst, und diese schufen auch letztlich ihre zukünftige Politik. Beim Karneval geht es hingegen zu wie im Swingerclub: Alles kann, nichts muss. Damit Minderheiten sich aber auch vollständig in die Gesellschaft integrieren können, müssen sie lernen, über sich lachen zu können. wenn sie stattdessen immer so versteift und verkrampft bleiben, werden sie immer wie Sonderlinge angesehen, wie Außenstehende, die sich nicht assimilieren wollen. Sie werden angesehen wie der einzige Asket in Irland, der auf Gedeih und Verderb nichts trinkt. Man sollte den sexuellen Minderheiten also entgegenbringen: Lacht doch mal! Es wird euch gut tun. Denn wenn sie erstmal angefangen haben, werden auch die anderen diese Sache lockerer nehmen, und das Gute nimmt seinen Lauf. 
Und was AKK angeht: Wer sie nicht mag, sollte Abstand von der CDU nehmen, und stattdessen eine Partei wählen, mit der sie auf keinen Fall koalieren wird. Es gibt ohnehin unzählige Parteien, die besser sind als sie, mit Vorsitzenden, die intelligenter sind als sie. Intelligent ist es aber nicht, sich über Karnevalswitze aufzuregen. Sich über Veranstaltungen aufzuregen, bei denen Lieder wie «Es Sind Noch Möpse Da» gesungen werden, ist, als ob man sich darüber aufrege, dass auf einem Neonazikonzert «Sieg Heil!»-Rufe ertönen und «HKN KRZ»-Shirts getragen werden. Das gehört einfach dazu, es gehört praktisch zum grundlegenden Inventar. Man sollte also warten, bis etwas kommt, was tatsächlich der Zeit und der Nerven erfordere. Beispielsweise der nächste CDU-Parteitag, bei dem die Stühle in Schwarz-Rot-Gold formiert sind. Das sollte einem tatsächlich zu denken geben, auch in Bezug zu AKK. Das ist weitaus bedenklicher als ein verfehlter Witz beim Stockacher Narrengericht. Weitaus bedenklicher. 

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