Wort zum Sonntag, den 15. September 2019
Ein Eklat sondergleichen, so könnte man die Ernennung des NPD-Politikers Stefan Jagsch zum Ortsvorsteher der Altenstädter Waldsiedlung im hessischen Wetteraukreis nennen, noch nie dürfte diesem 70.000-Seelen-Dorf so viel nationale Aufmerksamkeit gewidmet worden sein wie zu diesem Zeitpunkt. Dabei hätte man sich diese Aufmerksamkeit wohl auch positiver vorstellen mögen als durch einen ausgesprochenen Faschisten, der allein deswegen ernannt wurde, weil er mit einem Computer umgehen konnte. Der Aufschrei war groß. Dabei muss man sich fragen – ging er nicht an der eigentlichen Problematik vorbei?
(Einen verwandten Text, den ich zu diesem Thema geschrieben habe, könnt ihr hier lesen)
Wie beschrieben wählte man Jagsch trotz seiner Parteizugehörigkeit, weil er eben auch dazu in der Lage war, Emails zu verschicken. Da darf man sich schon wunderlich am Kopf kratzen und muss sich fragen, ob unsere Bildschirme bereits dazu in der Lage sind, Grafiken darzustellen, oder ob sie nicht doch nur grün in schwarz sind und allein über Text funktionieren, Mäuse obendrein noch nicht gebraucht werden, weil man ohnehin jeden Befehl per Tastatur eintippen muss. Kurzum: Ist wirklich ganz Deutschland bereits im 21. Jahrhundert eingetroffen, oder arbeiten manche zuhause noch mit Schreibmaschine oder zumindest Commodore 64? Man weiß es nicht. Dabei kann man sich auch ins Gedächtnis rufen: Wir sprechen hier nur von einem Ortsvorsteher, keine sonderlich tragende Position, doch geht es auch weniger um die Funktion selbst, die er einnimmt, sondern wirklich mehr um seine Parteizugehörigkeit. Er ist NPD-Mitglied, das heißt schon was – diese Partei wirbt zu Wahlen mit markigen Sprüchen, die sich in ihrer Zielgruppe und ihren Feinden nicht zurückhält: Geld für die Oma, statt für Sinti und Roma; Ist der Ali kriminell, in die Heimat, aber schnell; Asylflut stoppen! Und so weiter und so fort, man erkennt das Muster eindeutig. In einfachen Reimen, weil ein Großteil der Wähler wahrscheinlich analphabetisch ist und sich die Sprüche, sofern man sie ihnen vorliest, leicht merken können muss, um sich zu versichern, wen er wählen muss, werden die Ideen vermittelt, die Farben sind traditionell schwarz, weiß und rot. Mitglieder der anderen Parteien – CDU, SPD und FDP – bescheinigten Jagsch dennoch ein ruhiges, kollegiales und zurückhaltendes Verhalten, was überrascht, wenn man bedenkt, wie Wähler und Anhänger der Partei sonst auftreten. Nachdem sie aber einem ständigen, nationalen und öffentlichen Aufschrei ausgesetzt waren, und sogar die Junge Union sich empört über Jagschs Ernennung zeigten, entschied man sich schlussendlich, die Ernennung zurückzuziehen, am Ende fand sich doch noch ein alternativer Kandidat – die 22-jährige Studentin Tatjana Cyrulnikov. Dass sie aber womöglich die einzige potentielle Kandidatin darstellte, die sich gegenüber Jagsch hätte überhaupt aufstellen lassen können – dem Bericht nach war sie am Tag der Wahl entschuldigt –, zeigt dennoch ein tiefsitzendes Problem innerhalb der Lokalpolitik, worauf wir aber noch später zu sprechen kommen.
Demgegenüber muss man auch sagen: Die Bundespolitik ist mit der Lokalpolitik mitnichten zu vergleichen, in der Regel kennt man sich untereinander auch privat, zwischen den einzelnen Parteien gibt es weitaus mehr Überschneidungen und es geht nicht so politisch zu, wie man es glauben möchte. Wer einmal einem Treffen des Kommunalrates beiwohnte, weiß, wovon ich spreche.
(Einen verwandten Text, den ich zu diesem Thema geschrieben habe, könnt ihr hier lesen)
Wie beschrieben wählte man Jagsch trotz seiner Parteizugehörigkeit, weil er eben auch dazu in der Lage war, Emails zu verschicken. Da darf man sich schon wunderlich am Kopf kratzen und muss sich fragen, ob unsere Bildschirme bereits dazu in der Lage sind, Grafiken darzustellen, oder ob sie nicht doch nur grün in schwarz sind und allein über Text funktionieren, Mäuse obendrein noch nicht gebraucht werden, weil man ohnehin jeden Befehl per Tastatur eintippen muss. Kurzum: Ist wirklich ganz Deutschland bereits im 21. Jahrhundert eingetroffen, oder arbeiten manche zuhause noch mit Schreibmaschine oder zumindest Commodore 64? Man weiß es nicht. Dabei kann man sich auch ins Gedächtnis rufen: Wir sprechen hier nur von einem Ortsvorsteher, keine sonderlich tragende Position, doch geht es auch weniger um die Funktion selbst, die er einnimmt, sondern wirklich mehr um seine Parteizugehörigkeit. Er ist NPD-Mitglied, das heißt schon was – diese Partei wirbt zu Wahlen mit markigen Sprüchen, die sich in ihrer Zielgruppe und ihren Feinden nicht zurückhält: Geld für die Oma, statt für Sinti und Roma; Ist der Ali kriminell, in die Heimat, aber schnell; Asylflut stoppen! Und so weiter und so fort, man erkennt das Muster eindeutig. In einfachen Reimen, weil ein Großteil der Wähler wahrscheinlich analphabetisch ist und sich die Sprüche, sofern man sie ihnen vorliest, leicht merken können muss, um sich zu versichern, wen er wählen muss, werden die Ideen vermittelt, die Farben sind traditionell schwarz, weiß und rot. Mitglieder der anderen Parteien – CDU, SPD und FDP – bescheinigten Jagsch dennoch ein ruhiges, kollegiales und zurückhaltendes Verhalten, was überrascht, wenn man bedenkt, wie Wähler und Anhänger der Partei sonst auftreten. Nachdem sie aber einem ständigen, nationalen und öffentlichen Aufschrei ausgesetzt waren, und sogar die Junge Union sich empört über Jagschs Ernennung zeigten, entschied man sich schlussendlich, die Ernennung zurückzuziehen, am Ende fand sich doch noch ein alternativer Kandidat – die 22-jährige Studentin Tatjana Cyrulnikov. Dass sie aber womöglich die einzige potentielle Kandidatin darstellte, die sich gegenüber Jagsch hätte überhaupt aufstellen lassen können – dem Bericht nach war sie am Tag der Wahl entschuldigt –, zeigt dennoch ein tiefsitzendes Problem innerhalb der Lokalpolitik, worauf wir aber noch später zu sprechen kommen.
Demgegenüber muss man auch sagen: Die Bundespolitik ist mit der Lokalpolitik mitnichten zu vergleichen, in der Regel kennt man sich untereinander auch privat, zwischen den einzelnen Parteien gibt es weitaus mehr Überschneidungen und es geht nicht so politisch zu, wie man es glauben möchte. Wer einmal einem Treffen des Kommunalrates beiwohnte, weiß, wovon ich spreche.
(Image by veggiewombat from Pixabay) |
Bedeutet das aber, dass Jagsch infolgedessen ungefährlich ist, trotz seiner markanten Parteizugehörigkeit zu einer Partei, die bereits zweimal gerichtlich verboten werden sollte, und die man bereits auch von der Parteienfinanzierung ausschließen wollte, was aber letztlich misslang? Nicht unbedingt. Dabei sorgte der Mann abseits der Politik auch schon für Schmonzetten: Beispielsweise verunglückte er einstmals im Straßengraben mit seinem Vehikel und musste anschließend ironischerweise unter anderem von Flüchtlingen gerettet werden, oder wurde es zumindest, wohl auch unfreiwillig. Als NPD-Mitglied hat man schließlich auch ein bestimmtes politisches Profil, da macht es sich nicht gut, wenn der Feind einem zur Hilfe eilt.
Wie dem auch sei – war die Entscheidung zu befürworten, war sie gut? Grundsätzlich nein. Demgegenüber muss man auch sagen: Was hätten sie wohl sonst tun sollen? Auf Biegen und Brechen die demokratischen Grundrechte bewahren, auch wenn dadurch der Ortsvorstand nicht mehr arbeiten kann, weil dem gewählten Ortsvorsteher die Expertise fehlt? Vielen, insbesondere auch den Bundesparteien, wäre das lieber gewesen, so hätte man sich auch in Zeiten möglicher Koalitionen mit der ideologisch der NPD nahestehenden AfD im Osten die negative Presse ersparen können. Gleichzeitig wurde aber das Problem mit diesem Dilemma mehrmals ausgedrückt: Viele der Politiker in diesen Ortsverbänden scheinen nicht sonderlich technikaffin sein, wobei dieser Begriff für die Fähigkeit, eine Email zu verschicken, oder Emails an einen bestimmten Verteiler zu schicken, äußerst hochgegriffen ist. Es geht hierbei vielmehr um grundlegende Fähigkeiten im Umgang mit Computern und dem Internet. Dass sowas im Jahre 2019 noch nicht überall zu sitzen scheint, ist umso erschreckender, und lässt auf eine alternde, oder besser gesagt: gealterte Belegschaft in den Parteien hinzudeutschen. Es läge nahe, wo doch besonders die CDU von den Senioren in der Gesellschaft lebt, wenn es um die (Wieder)Wahl geht. Besetzt man aber die eigenen Kreistage ebenso hoch betagt wie die Wähler selbst auch sind in der Mehrheit, so spielt man selbstverständlich auch mit dem Feuer. Auf Dauer droht man, vom Zeitgeist überholt zu werden, und man endlich gezwungen ist, Entscheidungen zu treffen, die man binnen weniger Tage sogleich bereuen wird.
Natürlich gäbe es auch noch die Option, zu sagen, dass man den kontroversen NPD-Kandidaten wählte, weil niemand sonst Interesse bezeugte am Posten des Ortsvorstehers. Aus Kulanz gehen wir aber davon nicht aus, weil sich bei einem solchen Verhalten die betroffenen Kreisverbände sich genauso gut auch auflösen könnten, und zwar von jetzt auf gleich; auf diese Weise wäre eine Menge Zeit gespart, die die Verantwortlichen besser investieren können, beispielsweise beim Training des zu-Kreuze-Kriechens vor der AfD, welche aufgrund ihrer Mühen alsbald Mehrheiten im Landtag erzielen können wird, weil man den Bürgern zeigte, wie egal einem die liberale Demokratie in Deutschland geworden ist, dass man sich nur noch als Politiker zeigte, weil man den Titel so gerne mochte, und man sich so als Diener des Staates stilisieren kann, um einmal im Jargon der Horden der Empörten zu sprechen.
Letztlich können wir also nichts gegen die Gewissheit tun, dass die Parteien, insbesondere die CDU und die SPD – die FDP konnte zumindest auf Landesebene mit jüngerem Personal punkten, währenddessen die beiden erstgenannten zumeist noch auf alteingesessene Mitglieder setzen –, gerontokratische Strukturen entwickelt hat. Woran das liegt? Vermutlich aus zweierlei Gründen: Der erste Grund ist ein landesweites Phänomen, welches auch mit dem erheblichen post-2015-Linksruck zu tun hat, und das zweite... Nun, das ist wohl auch ein landesweites Phänomen, wobei wir auf Zweiteres auch später noch Bezug nehmen werden.
Zunächst einmal zu ersterem Problem, nämlich benannten Linksruck, welcher im Zuge der Flüchtlingskrise Fahrt aufnahm: Die Jugend, sie rückte immer weiter nach links, sodass Parteien wie die ehemals sozialdemokratische, mittlerweile form- und konturlose, SPD und die ehemals konservative, mittlerweile ebenfalls form- und konturlos, partiell auch rechtspopulistische, insbesondere in Bavaria, CDU nicht mehr links genug standen, beziehungsweise nicht mehr liberal genug waren. Die FDP verschmäht insbesondere wegen ihre der CDU nahen Selbstgefälligkeit im Ton und ihrem Personenkult um Christian Lindner und wegen ihrer mangelhaften Lösungsvorschläge für brennende Problematiken wie etwa dem Klimawandel, welche bei der (mäßig) politisierten Jugend ein permanent heißes Thema darstellt.
Das andere Problem ist bedeutend umfangreicher, wenngleich es auch schnell ausformuliert ist: Der Parlamentarismus, die Parteienpolitik, ist nicht hip genug bei der Jugend. Man zelebriert lieber einen Aktivismus auf der Straße, geht freitags nicht länger in die Schule, sondern lieber auf die Straße, um dort dem Unmut ein Ventil zu geben (wobei man von diesem Straßenaktivismus trotz allem Tätschelns von Autoritäten und Figürchen des öffentlichen Lebens nicht zu viel darauf einbilden darf). Schauen wir aber mal, wie wir uns das womöglich vorstellen müssen, eröffnet sich uns ein krudes Paradoxon, was, je länger man darüber nachdenkt, immer selbstgefälliger erscheint: Man sieht sich selbst nur als Plebs, als einfaches Volk, welches seine Stimme gen Landestage und Bundestag richtet, seine Forderungen unterbreitet, welche aber zumeist gegen eine Wand prallen und dort schließlich abprallen. Was wäre also die logische Konsequenz aus dieser Ignoranz gegenüber ihren Forderungen? Genau – man muss selbst in diesen Parlamenten aktiv werden.
Sagt man aber, dass man in den Parlamenten aktiv werden müsste, stellten sich auch gleich zwei Fragen auf: Eigene Partei, oder doch aktiv werden in einer bestehenden Partei, welche auch höhere Chancen hat, Abgeordnete zu entsenden. Letztere Option wäre aussichtsreicher, wenn einem tatsächlich etwas daran läge, als Abgeordneter mitzumischen. Den bestehenden Parteien, allen voran den GroKo-Parteien, wäre am meisten damit geholfen, aus zwei Gründen: Der zuvor benannten Überalterung der Parteien, und dem zunehmenden Mitgliederschwund (der SPD und der CDU insbesondere). Insbesondere bei der CDU bemerkt man, wie sich seit dem Mauerfall die Mitgliederzahlen nach unten bewegten. Woher sollten da die jungen Mitglieder kommen, wenn der Trend ohnehin rückläufig denn vorweggehend ist?
Es wäre einfältig, zu glauben, dass das Problem sich von selbst löse, sei es durch die Rationalität der Wähler, andere Parteien zu wählen (in einer Gesellschaft, die ebenfalls zur Überalterung neigt und insofern traditionell als anpassend wählt) als sie es bisher taten, oder das Umdenken der Parteien in ihrer Programmatik. Ob man es als Quereinsteiger schaffen kann, wie man es entsprechend der Faktenlage suggerieren möchte, und die Partei in Scharen infilitriere, um den Wandel von innen heraus zu erzeugen, daran sei auch nicht zu denken. Hierzu müsste ein regelrechtes Wunder geschehen: Einerseits müsste eine Schwemme, ja – eine Sintflut! – die Parteien treffen, eine Sintflut aus jungen Menschen, die die Partei beim Schopfe packten und ihren Kurs krass umkehrten. Davon ist aber nicht auszugehen, da diese Sintflut niemals die Größe einer kleinen Welle, die kurz davorsteht, am Ufer zu zerschellen, übertreffen wird, und die Parteiobersten einen radikalen Wechselkurs ebenfalls niemals zuließen, sondern eher für jedes einzelne Mitglied ein Ausschlussverfahren einleiteten, weil sie nicht konform gingen mit den Grundsätzen der Parteien. Höchstens könnte man es sich jeweils in den konservativen und liberalen Parteiflügeln von SPD und CDU – das sind jeweils der «Seeheimer Kreis» in der SPD und die «Union der Mitte» in der CDU – bequem machen, doch wird man dort nicht viel erreichen können. Diese Mitglieder kann man sich, wenn man nicht weiß, was man unter solchen Parteiflügeln vorstellen kann, als backbencher vorstellen, also eben Mitglieder, die teils radikal gegen die parteiliche Grundlinie vorgehen, und somit als Rebellen wahrgenommen. Viel Macht üben sie nicht aus, und erhalten stattdessen lediglich die Debatte im Innern der Partei am Leben, und nicht jede Entscheidung der mächtigeren mit Ja und Amen durchwinken lassen wollen. Eine Umwälzung werden sie aber niemals erwirken können, davon ist nicht auszugehen, und damit sollte man nicht rechnen.
Warum aber sollte es dennoch erstrebt werden, den Parlamentarismus zu ergreifen, wenn man einen Wechsel möchte und mehr tun möchte, als sich im Netz zu empören? Darauf kommen wir noch später zu sprechen. Wenn man aber nicht den Glaube an diese Parteien verloren hat und glaubt, über sie den Wandel zu ermöglichen, der sollte in ihnen aktiv werden. Ein Vorteil, den man mit ihnen hat, ist die höhere Wahrscheinlichkeit, in ihnen aufsteigen zu können, wie man an den jüngsten und bislang bekanntesten Karrieristen – Philipp Amthor und Paul Ziemiak, welcher es bisweilen bis zum Generalsekretär geschafft hat – erkennen kann. Es braucht nur eben Optimismus, Eifer und Ehrgeiz, und natürlich auch Überzeugungskraft, wenn man es durch sie schaffen will. Und das hat eben nicht jeder.
Nun werden mir natürlich die vielen Radikalen entgegentreten und sagen, dass es doch noch immer die Möglichkeit gibt, das bestehende System umzuwälzen und ein neues daraus erwachsen zu lassen; ein System, welches diesen Menschen Gehör verschaffen wird, und auferstehen wird wie ein Phönix aus der Asche. Natürlich wäre das eine noch effektivere Methode, obgleich die Vor- und Nachbereitungen immens sein werden. Doch seien wir ehrlich: Wo sehen wir das notwendige Potential für einen solchen Aufstand der Massen? Nirgends. Selbst in Kesseln wie Hong Kong, wo die Menschen um ihre Freiheit kämpfen müssen, ist eine solche Radikalität auszumachen (Stand des Links: 09. September 2019). Vielmehr möchte man einfach die Autonomie, welche man unter dem Vertrag von 1984 (PDF) ausarbeitete mit dem Politbureau in China ausarbeitete, erhalten, und nicht auslaufen sehen; man wollte vor allem das Auslieferungsgesetz verhindern, was letztlich auch gelang. Doch von einer Revolution war dennoch keine Spur auszumachen. Es war vielmehr ein Kampf um Leben und Tod, nicht mehr und nicht weniger. Und das war auch noch das Höchste der Gefühle (wobei ihre Bestrebungen hierbei keineswegs kleingeredet werden sollen, immerhin stehen sie bereits ohne militärische Gegenwehr dem wohl stärksten Feind unserer Zeit gegenüberstehen. Der verlinkte Artikel soll dabei nur Anreize geben, inwieweit man Chinas Macht, außerhalb von Truppenstärken, einschätzen kann). Schaut man hingegen wieder gen Westen (also eigentlich müssen wir dafür unsere Köpfe nach Osten richten), so überkommt uns eine relative Flaute. Man ist damit beschäftigt, gegen Faschisten und sonstige Rechtsextremisten und -populisten zu schimpfen, sich auf dem Throne moralischer Richtigkeit und daraus resultierender Überlegenheit zu wähnen, und denkt, dass das ständige Anprangern im Netz dabei hälfe, die Populsiten und Extremisten von rechts ähnlich eines Bonsais kleinzuhalten. Und kommt es doch einmal anders, so sind die strukturellen Gegebenheiten Schuld, und nicht etwa die angewandte Taktik, um den Rechtsextremismus zu bekämpfen. Selbstreflexion, insbesondere eine kritische, wird hierbei vergebens gesucht; man ist einfach felsenfest überzeugt, richtig vorzugehen, erkannt zu haben, was im Deutschland von 1933 bis '45 Fehlanzeige war innerhalb der Gesellschaft: Eine Gewissheit, zu wissen, wen man vor sich hat, und dass man ihn nicht eine Sekunde als manifestierte Kraft im Parlament anzuerkennen, sondern sie nur als Gefahr herauszustellen, welche man besser gestern als heute ausgemerzt haben sollte. Das bedeutet: Löst ihre parlamentarische Vertretung(en) auf, bestraft jegliche Vergehen ihrerseits, und gebt ihnen keine Chance, zu prosperieren. Wenn es um ihnen zuzurechnende Individuen geht, so folgen die Hartgesottenen der Maxime des Kängurus: «Wer einen Nazi sieht, muss ihn boxen». Was der Rest tut, wenn es einen Glatzkopf in Thor-Steinar-Jacke und (Axel-)Springerstiefeln sieht, ist zumindest mir unklar. Die meisten von ihnen dürften zu schmächtig sein, um sich auf eine Prügelei mit einem Faschisten einzulassen. Anderen fehlt vielleicht auch die Courage, was jedoch ebenso verständlich wäre.
Ohne sich aber weiter in Kritik gegen Linksliberale zu verlieren, sollten wir doch nicht den Fokus verlieren: Was wird bei all diesen Nadelstichen gegen Faschisten verfehlt? Natürlich dürfen wir auch nicht die vielen gemeinnützigen Organisationen auf Lokal- und Nationalebene vergessen werden, welche die Bevölkerung aufklären und sich aktiv gegen Rechtsextreme engagieren, Organisationen wie «Kein Bock auf Nazis». Auch sie sollen keineswegs in ihrer Arbeit schlechtgeredet werden, doch vereint sie alle ein Manko: Es sind eben nur Nadelstiche, die vollzogen werden, um den Tumor am Wachsen zu hindern, um ihn bewusst kleinzuhalten. Eine vollständige Auslöschung ist dadurch nicht gesichert. Der Punkt daran: Man schiebt diese vollständige Verantwortung auf den Staat. Ohnehin neigen viele von ihnen, die Verantwortung solcher Ausmaße auf den Staat zu schieben, auf die amtierende Regierung. Zugleich wirft man ihr, oder ihren Landesverbänden, auch gerne einmal – mit Fug und Recht, wohlgemerkt – vor, sich nicht genügend von Rechtsextremisten und/oder der AfD abzugrenzen, zu Wahlkampfzeiten wirft man ihnen auch gerne einmal ein Fischen am rechten Rand vor, die CSU wollte sich ohnehin seit Franz-Josef Strauß rechts überholen lassen, da sollte es schließlich keine anderen Parteien geben. Und wenn es sie doch einmal gibt dann muss man sie eben rechts überholen. So einfach ist das für sie. Ist der Ruf erst einmal ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert – bei Gelegenheit sollte die Union sich diesen Spruch zum Slogan nehmen.
Was machen die Grünen indessen? Sie springen selbstverständlich auf den rasenden Zug auf, schließlich fährt er genau in ihre formidabelste Richtung, nämlich nach links: Man greift den linkspopulistischen Trend auf und bietet den Jungwählern, was den Jungwählern ist, auch wenn sie dabei nicht immer reüssieren mögen, am Ende sind sie selbst dann noch nicht links genug. Aber man macht sich, die Ergebnisse sprechen für sich.
Und auch bei aller Kritik an den größeren Parteien müssen wir nicht damit aufhören, sondern kehren zurück zum eigentlichen Thema, nämlich den in Teilen selbstgefälligen Linksliberalen, welche stark darin sind, zu fordern, jedoch keine eigenen Taten sprechen lassen. Was sie tun könnten? Im Grunde deutete ich es bereits an: Sie müssen selbst die Parteien infiltrieren, müssen selbst im Parlamentarismus tätig werden. Im Deutschlandfunk brachte man einmal dazu einen Kommentar von einem Alt-68er, welcher selbst lange aktivistisch tätig war, und selbst diesen Marsch durch die Institutionen vermisste, welchen man zu seiner Zeit vollzog, sozusagen prozessierte. Dabei ist dieser wichtig, wenn man nicht beabsichtigt, das gesamte System radikal umzuwälzen, und notfalls dabei auch mit dem Grundgesetz zu brechen, welches vorsieht, dass die parlamentarische Demokratie unangerührt fortbestehen muss. So gesehen ist das auch im Interesse der Demonstranten. Vom Fordern an Parteien, die momentan mehrheitlich nicht ihre Interessen vertreten, überlebt aber auch keine liberale Demokratie, oder überhaupt irgendein demokratisches System. Selbst zur Tat zu schreiten, um die Alten zu beerben, ist also eine notwendige Konsequenz, die erwachsen muss. Obgleich auf Dauer eine Regierung mit grüner Beteiligung vorstellbar ist, sollte man sich wappnen, um alle Eventualitäten bezüglich eines Via Dolorosa à la SPD bei den Grünen auszuschließen, sollte man sich selbst beteiligen. Natürlich ist dies ein langer, beschwerlicher Weg durch die Riegen, angefangen bei der Jungorganisation der entsprechenden Partei, durch Kommunal- und Landesränge, und nicht jeder, oder auch nur viele, werden es bis nach ganz oben schaffen, doch man muss es zuindest versuchen, am Ende muss man einfach selbst tätig werden, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Zu erwarten, dass man sie erhören wird, ist naiv, und insofern kein Strohhalm, an dem man klammern sollte, wenn einem die eigenen Forderungen tatsächlich wichtig sind.
Was es also schlussendlich braucht, ist eine neue Partei der Grünen, faktisch sowas wie eine FFF-Partei. Auch die Grünen fingen einmal an: Als eine rebellische Jugendbewegung, welche am Ende zur Partei transformierte, und mit Joschka Fischer und Jürgen Trittin geradezu legendäre Politiker hervorbrachte (legendär nur insofern, als dass sie dem deutschen Parlamentarismus im Gedächtnis verhaftet bleiben; ob das nun mit Meilensteinen in der deutschen Geschichte oder Herpes verglichen werden sollte, ist jedem selbst überlassen). Warum sollte das nicht auch mit FFF geschehen, beziehungsweise funktionieren? Eine Umweltministerin Luisa „Langstrecken-Luisa” Neubauer, welche die amtierende Barbara Hendricks beerbe, wäre nicht nur unterhaltsam, sondern auch interessant, um zu sehen, wie viel hinter der Fassade aus Worten steckt.
Ich wünsche noch einen schönen Sonntag!
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Aktualisiert am Donnerstag, dem 12. September 2019 um die Entlassung Jagschs als Ortsvorsteher von Altenberg, und die dementsprechende Ernennung der Jungunionistin Tatjana Cyrulnikov.
Natürlich gäbe es auch noch die Option, zu sagen, dass man den kontroversen NPD-Kandidaten wählte, weil niemand sonst Interesse bezeugte am Posten des Ortsvorstehers. Aus Kulanz gehen wir aber davon nicht aus, weil sich bei einem solchen Verhalten die betroffenen Kreisverbände sich genauso gut auch auflösen könnten, und zwar von jetzt auf gleich; auf diese Weise wäre eine Menge Zeit gespart, die die Verantwortlichen besser investieren können, beispielsweise beim Training des zu-Kreuze-Kriechens vor der AfD, welche aufgrund ihrer Mühen alsbald Mehrheiten im Landtag erzielen können wird, weil man den Bürgern zeigte, wie egal einem die liberale Demokratie in Deutschland geworden ist, dass man sich nur noch als Politiker zeigte, weil man den Titel so gerne mochte, und man sich so als Diener des Staates stilisieren kann, um einmal im Jargon der Horden der Empörten zu sprechen.
Letztlich können wir also nichts gegen die Gewissheit tun, dass die Parteien, insbesondere die CDU und die SPD – die FDP konnte zumindest auf Landesebene mit jüngerem Personal punkten, währenddessen die beiden erstgenannten zumeist noch auf alteingesessene Mitglieder setzen –, gerontokratische Strukturen entwickelt hat. Woran das liegt? Vermutlich aus zweierlei Gründen: Der erste Grund ist ein landesweites Phänomen, welches auch mit dem erheblichen post-2015-Linksruck zu tun hat, und das zweite... Nun, das ist wohl auch ein landesweites Phänomen, wobei wir auf Zweiteres auch später noch Bezug nehmen werden.
Zunächst einmal zu ersterem Problem, nämlich benannten Linksruck, welcher im Zuge der Flüchtlingskrise Fahrt aufnahm: Die Jugend, sie rückte immer weiter nach links, sodass Parteien wie die ehemals sozialdemokratische, mittlerweile form- und konturlose, SPD und die ehemals konservative, mittlerweile ebenfalls form- und konturlos, partiell auch rechtspopulistische, insbesondere in Bavaria, CDU nicht mehr links genug standen, beziehungsweise nicht mehr liberal genug waren. Die FDP verschmäht insbesondere wegen ihre der CDU nahen Selbstgefälligkeit im Ton und ihrem Personenkult um Christian Lindner und wegen ihrer mangelhaften Lösungsvorschläge für brennende Problematiken wie etwa dem Klimawandel, welche bei der (mäßig) politisierten Jugend ein permanent heißes Thema darstellt.
Das andere Problem ist bedeutend umfangreicher, wenngleich es auch schnell ausformuliert ist: Der Parlamentarismus, die Parteienpolitik, ist nicht hip genug bei der Jugend. Man zelebriert lieber einen Aktivismus auf der Straße, geht freitags nicht länger in die Schule, sondern lieber auf die Straße, um dort dem Unmut ein Ventil zu geben (wobei man von diesem Straßenaktivismus trotz allem Tätschelns von Autoritäten und Figürchen des öffentlichen Lebens nicht zu viel darauf einbilden darf). Schauen wir aber mal, wie wir uns das womöglich vorstellen müssen, eröffnet sich uns ein krudes Paradoxon, was, je länger man darüber nachdenkt, immer selbstgefälliger erscheint: Man sieht sich selbst nur als Plebs, als einfaches Volk, welches seine Stimme gen Landestage und Bundestag richtet, seine Forderungen unterbreitet, welche aber zumeist gegen eine Wand prallen und dort schließlich abprallen. Was wäre also die logische Konsequenz aus dieser Ignoranz gegenüber ihren Forderungen? Genau – man muss selbst in diesen Parlamenten aktiv werden.
Sagt man aber, dass man in den Parlamenten aktiv werden müsste, stellten sich auch gleich zwei Fragen auf: Eigene Partei, oder doch aktiv werden in einer bestehenden Partei, welche auch höhere Chancen hat, Abgeordnete zu entsenden. Letztere Option wäre aussichtsreicher, wenn einem tatsächlich etwas daran läge, als Abgeordneter mitzumischen. Den bestehenden Parteien, allen voran den GroKo-Parteien, wäre am meisten damit geholfen, aus zwei Gründen: Der zuvor benannten Überalterung der Parteien, und dem zunehmenden Mitgliederschwund (der SPD und der CDU insbesondere). Insbesondere bei der CDU bemerkt man, wie sich seit dem Mauerfall die Mitgliederzahlen nach unten bewegten. Woher sollten da die jungen Mitglieder kommen, wenn der Trend ohnehin rückläufig denn vorweggehend ist?
Es wäre einfältig, zu glauben, dass das Problem sich von selbst löse, sei es durch die Rationalität der Wähler, andere Parteien zu wählen (in einer Gesellschaft, die ebenfalls zur Überalterung neigt und insofern traditionell als anpassend wählt) als sie es bisher taten, oder das Umdenken der Parteien in ihrer Programmatik. Ob man es als Quereinsteiger schaffen kann, wie man es entsprechend der Faktenlage suggerieren möchte, und die Partei in Scharen infilitriere, um den Wandel von innen heraus zu erzeugen, daran sei auch nicht zu denken. Hierzu müsste ein regelrechtes Wunder geschehen: Einerseits müsste eine Schwemme, ja – eine Sintflut! – die Parteien treffen, eine Sintflut aus jungen Menschen, die die Partei beim Schopfe packten und ihren Kurs krass umkehrten. Davon ist aber nicht auszugehen, da diese Sintflut niemals die Größe einer kleinen Welle, die kurz davorsteht, am Ufer zu zerschellen, übertreffen wird, und die Parteiobersten einen radikalen Wechselkurs ebenfalls niemals zuließen, sondern eher für jedes einzelne Mitglied ein Ausschlussverfahren einleiteten, weil sie nicht konform gingen mit den Grundsätzen der Parteien. Höchstens könnte man es sich jeweils in den konservativen und liberalen Parteiflügeln von SPD und CDU – das sind jeweils der «Seeheimer Kreis» in der SPD und die «Union der Mitte» in der CDU – bequem machen, doch wird man dort nicht viel erreichen können. Diese Mitglieder kann man sich, wenn man nicht weiß, was man unter solchen Parteiflügeln vorstellen kann, als backbencher vorstellen, also eben Mitglieder, die teils radikal gegen die parteiliche Grundlinie vorgehen, und somit als Rebellen wahrgenommen. Viel Macht üben sie nicht aus, und erhalten stattdessen lediglich die Debatte im Innern der Partei am Leben, und nicht jede Entscheidung der mächtigeren mit Ja und Amen durchwinken lassen wollen. Eine Umwälzung werden sie aber niemals erwirken können, davon ist nicht auszugehen, und damit sollte man nicht rechnen.
Warum aber sollte es dennoch erstrebt werden, den Parlamentarismus zu ergreifen, wenn man einen Wechsel möchte und mehr tun möchte, als sich im Netz zu empören? Darauf kommen wir noch später zu sprechen. Wenn man aber nicht den Glaube an diese Parteien verloren hat und glaubt, über sie den Wandel zu ermöglichen, der sollte in ihnen aktiv werden. Ein Vorteil, den man mit ihnen hat, ist die höhere Wahrscheinlichkeit, in ihnen aufsteigen zu können, wie man an den jüngsten und bislang bekanntesten Karrieristen – Philipp Amthor und Paul Ziemiak, welcher es bisweilen bis zum Generalsekretär geschafft hat – erkennen kann. Es braucht nur eben Optimismus, Eifer und Ehrgeiz, und natürlich auch Überzeugungskraft, wenn man es durch sie schaffen will. Und das hat eben nicht jeder.
Nun werden mir natürlich die vielen Radikalen entgegentreten und sagen, dass es doch noch immer die Möglichkeit gibt, das bestehende System umzuwälzen und ein neues daraus erwachsen zu lassen; ein System, welches diesen Menschen Gehör verschaffen wird, und auferstehen wird wie ein Phönix aus der Asche. Natürlich wäre das eine noch effektivere Methode, obgleich die Vor- und Nachbereitungen immens sein werden. Doch seien wir ehrlich: Wo sehen wir das notwendige Potential für einen solchen Aufstand der Massen? Nirgends. Selbst in Kesseln wie Hong Kong, wo die Menschen um ihre Freiheit kämpfen müssen, ist eine solche Radikalität auszumachen (Stand des Links: 09. September 2019). Vielmehr möchte man einfach die Autonomie, welche man unter dem Vertrag von 1984 (PDF) ausarbeitete mit dem Politbureau in China ausarbeitete, erhalten, und nicht auslaufen sehen; man wollte vor allem das Auslieferungsgesetz verhindern, was letztlich auch gelang. Doch von einer Revolution war dennoch keine Spur auszumachen. Es war vielmehr ein Kampf um Leben und Tod, nicht mehr und nicht weniger. Und das war auch noch das Höchste der Gefühle (wobei ihre Bestrebungen hierbei keineswegs kleingeredet werden sollen, immerhin stehen sie bereits ohne militärische Gegenwehr dem wohl stärksten Feind unserer Zeit gegenüberstehen. Der verlinkte Artikel soll dabei nur Anreize geben, inwieweit man Chinas Macht, außerhalb von Truppenstärken, einschätzen kann). Schaut man hingegen wieder gen Westen (also eigentlich müssen wir dafür unsere Köpfe nach Osten richten), so überkommt uns eine relative Flaute. Man ist damit beschäftigt, gegen Faschisten und sonstige Rechtsextremisten und -populisten zu schimpfen, sich auf dem Throne moralischer Richtigkeit und daraus resultierender Überlegenheit zu wähnen, und denkt, dass das ständige Anprangern im Netz dabei hälfe, die Populsiten und Extremisten von rechts ähnlich eines Bonsais kleinzuhalten. Und kommt es doch einmal anders, so sind die strukturellen Gegebenheiten Schuld, und nicht etwa die angewandte Taktik, um den Rechtsextremismus zu bekämpfen. Selbstreflexion, insbesondere eine kritische, wird hierbei vergebens gesucht; man ist einfach felsenfest überzeugt, richtig vorzugehen, erkannt zu haben, was im Deutschland von 1933 bis '45 Fehlanzeige war innerhalb der Gesellschaft: Eine Gewissheit, zu wissen, wen man vor sich hat, und dass man ihn nicht eine Sekunde als manifestierte Kraft im Parlament anzuerkennen, sondern sie nur als Gefahr herauszustellen, welche man besser gestern als heute ausgemerzt haben sollte. Das bedeutet: Löst ihre parlamentarische Vertretung(en) auf, bestraft jegliche Vergehen ihrerseits, und gebt ihnen keine Chance, zu prosperieren. Wenn es um ihnen zuzurechnende Individuen geht, so folgen die Hartgesottenen der Maxime des Kängurus: «Wer einen Nazi sieht, muss ihn boxen». Was der Rest tut, wenn es einen Glatzkopf in Thor-Steinar-Jacke und (Axel-)Springerstiefeln sieht, ist zumindest mir unklar. Die meisten von ihnen dürften zu schmächtig sein, um sich auf eine Prügelei mit einem Faschisten einzulassen. Anderen fehlt vielleicht auch die Courage, was jedoch ebenso verständlich wäre.
Ohne sich aber weiter in Kritik gegen Linksliberale zu verlieren, sollten wir doch nicht den Fokus verlieren: Was wird bei all diesen Nadelstichen gegen Faschisten verfehlt? Natürlich dürfen wir auch nicht die vielen gemeinnützigen Organisationen auf Lokal- und Nationalebene vergessen werden, welche die Bevölkerung aufklären und sich aktiv gegen Rechtsextreme engagieren, Organisationen wie «Kein Bock auf Nazis». Auch sie sollen keineswegs in ihrer Arbeit schlechtgeredet werden, doch vereint sie alle ein Manko: Es sind eben nur Nadelstiche, die vollzogen werden, um den Tumor am Wachsen zu hindern, um ihn bewusst kleinzuhalten. Eine vollständige Auslöschung ist dadurch nicht gesichert. Der Punkt daran: Man schiebt diese vollständige Verantwortung auf den Staat. Ohnehin neigen viele von ihnen, die Verantwortung solcher Ausmaße auf den Staat zu schieben, auf die amtierende Regierung. Zugleich wirft man ihr, oder ihren Landesverbänden, auch gerne einmal – mit Fug und Recht, wohlgemerkt – vor, sich nicht genügend von Rechtsextremisten und/oder der AfD abzugrenzen, zu Wahlkampfzeiten wirft man ihnen auch gerne einmal ein Fischen am rechten Rand vor, die CSU wollte sich ohnehin seit Franz-Josef Strauß rechts überholen lassen, da sollte es schließlich keine anderen Parteien geben. Und wenn es sie doch einmal gibt dann muss man sie eben rechts überholen. So einfach ist das für sie. Ist der Ruf erst einmal ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert – bei Gelegenheit sollte die Union sich diesen Spruch zum Slogan nehmen.
Was machen die Grünen indessen? Sie springen selbstverständlich auf den rasenden Zug auf, schließlich fährt er genau in ihre formidabelste Richtung, nämlich nach links: Man greift den linkspopulistischen Trend auf und bietet den Jungwählern, was den Jungwählern ist, auch wenn sie dabei nicht immer reüssieren mögen, am Ende sind sie selbst dann noch nicht links genug. Aber man macht sich, die Ergebnisse sprechen für sich.
Und auch bei aller Kritik an den größeren Parteien müssen wir nicht damit aufhören, sondern kehren zurück zum eigentlichen Thema, nämlich den in Teilen selbstgefälligen Linksliberalen, welche stark darin sind, zu fordern, jedoch keine eigenen Taten sprechen lassen. Was sie tun könnten? Im Grunde deutete ich es bereits an: Sie müssen selbst die Parteien infiltrieren, müssen selbst im Parlamentarismus tätig werden. Im Deutschlandfunk brachte man einmal dazu einen Kommentar von einem Alt-68er, welcher selbst lange aktivistisch tätig war, und selbst diesen Marsch durch die Institutionen vermisste, welchen man zu seiner Zeit vollzog, sozusagen prozessierte. Dabei ist dieser wichtig, wenn man nicht beabsichtigt, das gesamte System radikal umzuwälzen, und notfalls dabei auch mit dem Grundgesetz zu brechen, welches vorsieht, dass die parlamentarische Demokratie unangerührt fortbestehen muss. So gesehen ist das auch im Interesse der Demonstranten. Vom Fordern an Parteien, die momentan mehrheitlich nicht ihre Interessen vertreten, überlebt aber auch keine liberale Demokratie, oder überhaupt irgendein demokratisches System. Selbst zur Tat zu schreiten, um die Alten zu beerben, ist also eine notwendige Konsequenz, die erwachsen muss. Obgleich auf Dauer eine Regierung mit grüner Beteiligung vorstellbar ist, sollte man sich wappnen, um alle Eventualitäten bezüglich eines Via Dolorosa à la SPD bei den Grünen auszuschließen, sollte man sich selbst beteiligen. Natürlich ist dies ein langer, beschwerlicher Weg durch die Riegen, angefangen bei der Jungorganisation der entsprechenden Partei, durch Kommunal- und Landesränge, und nicht jeder, oder auch nur viele, werden es bis nach ganz oben schaffen, doch man muss es zuindest versuchen, am Ende muss man einfach selbst tätig werden, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Zu erwarten, dass man sie erhören wird, ist naiv, und insofern kein Strohhalm, an dem man klammern sollte, wenn einem die eigenen Forderungen tatsächlich wichtig sind.
Was es also schlussendlich braucht, ist eine neue Partei der Grünen, faktisch sowas wie eine FFF-Partei. Auch die Grünen fingen einmal an: Als eine rebellische Jugendbewegung, welche am Ende zur Partei transformierte, und mit Joschka Fischer und Jürgen Trittin geradezu legendäre Politiker hervorbrachte (legendär nur insofern, als dass sie dem deutschen Parlamentarismus im Gedächtnis verhaftet bleiben; ob das nun mit Meilensteinen in der deutschen Geschichte oder Herpes verglichen werden sollte, ist jedem selbst überlassen). Warum sollte das nicht auch mit FFF geschehen, beziehungsweise funktionieren? Eine Umweltministerin Luisa „Langstrecken-Luisa” Neubauer, welche die amtierende Barbara Hendricks beerbe, wäre nicht nur unterhaltsam, sondern auch interessant, um zu sehen, wie viel hinter der Fassade aus Worten steckt.
Ich wünsche noch einen schönen Sonntag!
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Aktualisiert am Donnerstag, dem 12. September 2019 um die Entlassung Jagschs als Ortsvorsteher von Altenberg, und die dementsprechende Ernennung der Jungunionistin Tatjana Cyrulnikov.
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